Gemeinnützige Hertie-Stiftung und Universität Bonn richten ersten Lehrstuhl für Rekonstruktive Neurobiologie in Deutschland ein
Bonn (ots)
Erstmals wird in Deutschland der medizinische Forschungsbereich 'Rekonstruktive Neurobiologie' an einer Universität verankert: Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung und die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn richten am Universitätsklinikum Bonn einen gleichnamigen Lehrstuhl ein. In der fünfjährigen Aufbauphase investiert die Stiftung 3,35 Millionen Mark in die personelle Besetzung des Lehrstuhls, die Universität stellt eine Grundausstattung und die Laborräume zur Verfügung. Auf einer Pressekonferenz stellte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement heute zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, Dr. Michael Endres, den neuen Lehrstuhl der Öffentlichkeit vor: "Diese innovative Partnerschaft von öffentlicher Bildungseinrichtung und privater Stiftung hat Modellcharakter."
Viele Erkrankungen des menschlichen Gehirns wie Parkinson oder multiple Sklerose entstehen durch den irreversiblen Untergang von Nervenzellen. Das menschliche Gehirn ist praktisch nicht in der Lage, Verluste an Hirngewebe durch Neubildung von Nervenzellen zu ersetzen. Einer der hoffnungsvollsten Ansätze zur Therapie neurologischer Erkrankungen liegt im Ersatz der verloren gegangenen Nervenzellen durch neue, transplantierte Zellen. Dies ist das Forschungsziel der Rekonstruktiven Neurobiologie, die damit zu den zukunftweisenden Wissenschaften des 21. Jahrhunderts zählt.
Nicht weniger attraktiv als die neue Forschungsrichtung sind deren Instrumente: Im Zuge aufsehenerregender wissenschaftlicher Erkenntnisse sind die Themen neurale Stammzellen' und Zellersatz im Nervensystem' zu einer besonders faszinierenden Sparte der Neurowissenschaften geworden. Mit der Erkenntnis, dass Vorläuferzellen aus dem Nervensystem in unterschiedlichen Entwicklungsstadien isoliert sowie aus embryonalen Stammzellen abgeleitet werden können, hat auch das öffentliche Interesse außerordentlich zugenommen. Besonders vielversprechend erscheint die Idee, Spenderzellen für das Zentrale Nervensystem aus Stammzellen zu gewinnen und für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen zu verwenden.
Hier liegt zugleich der methodische Ansatz der Wissenschaftler des neuen Stiftungslehrstuhls Rekonstruktive Neurobiologie. Die Personalausstattung des Lehrstuhls besteht neben der eigentlichen Professur aus zwei wissenschaftlichen und zwei technischen Mitarbeiterstellen. Der Lehrstuhl ist bereits ausgeschrieben und soll im Herbst 2001 besetzt werden.
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung arbeitet in den Schwerpunkten Neurowissenschaften/multiple Sklerose, Europäische Integration, Erziehung, Bildung und Soziales. Dem Willen des Stifters Georg Karg entsprechend, wurde der medizinischen Forschung seit Gründung der Stiftung im Jahr 1974 eine hohe Priorität eingeräumt. Heute ist die Gemeinnützige Hertie-Stiftung die größte private deutsche Förderinstitution im Bereich der Hirnforschung. Mit dem Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung in Tübingen hat die Stiftung im vergangenen Jahr das größte und modernste Zentrum für Neurologie in Deutschland gegründet. Auf dem Gebiet der multiplen Sklerose ist die Gemeinnützige Hertie-Stiftung - sowohl in der Forschung als auch in der sozialmedizinischen Nachsorge - die aktivste Stiftung in Deutschland. Insgesamt hat die Stiftung in ihrem Schwerpunkt Neurowissenschaften/multiple Sklerose bis heute über 100 Millionen DM an Fördermitteln aufgewendet.
Mit der Universität Bonn hat die Stiftung für die Errichtung des Lehrstuhls Rekonstruktive Neurobiologie einen herausragend qualifizierten Partner gewonnen: Das Neurozentrum der Universität Bonn hat in den letzten Jahren insbesondere auf dem Gebiet der neurobiologischen Krankheitsforschung eine nationale Spitzenstellung erobert. Davon zeugt insbesondere der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichtete Sonderforschungsbereich 400, 'Molekulare Grundlagen zentralnervöser Erkrankungen', ein renommiertes Zentrum für Epilepsieforschung, ein ausgewiesener Schwerpunkt für Genomforschung an Erkrankungen des Nervensystems sowie das nationale Hirntumor-Referenzzentrum. Ziel dieses interdisziplinären neurowissenschaftlichen Forschungszentrums ist es, Synergieeffekte nutzbar zu machen, die sich aus der engen Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen ergeben, etwa der Epileptologie, der Neurologie, der Neurochirurgie, der Psychiatrie, der Neuropathologie, der Humangenetik, der Pharmakologie und der Molekularen Neurobiologie.
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