"CSU-Landesgruppe
Glos: Maastricht: Ein Europapolitischer
Quantensprung"
Berlin (ots)
Zum zehnten Jahrestag des Inkrafttretens des Vertragswerks von Maastricht erklärt der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Glos:
Maastricht wird als europapolitischer Quantensprung in die Geschichtsbücher eingehen. Das maßgeblich von Bundeskanzler Helmut Kohl und Staatspräsident Francois Mitterand auf den Weg gebrachte Vertragswerk steht für den Abschluss des Binnenmarktes, das Fundament der europäischen Gemeinschaftswährung und die Fortentwicklung der Gemeinschaft zu einer echten politischen Union.
Die Währungsunion, deren Konzipierung die Handschrift des früheren CSU-Vorsitzenden und Bundesfinanzministers, Theo Waigel, trägt, hat die in sie gesetzten Erwartungen längst erfüllt. Entgegen ursprünglicher Bedenken hat sich das Vertrauen in den Euro gefestigt. Die Stabilität des Euro ist gesichert. Seit Beginn der Währungsunion liegt die durchschnittliche Inflationsrate im Euro- Raum bei rd. 2%. Die Zinsen bewegen sich seit Beginn der dritten Stufe auf einem historisch niedrigen Niveau. Nach einem anfänglich mit Sorge verfolgten Rückgang hat der Außenwert des Euro gegenüber dem US-Dollar fast den Ausgangskurs wieder erreicht. Wurden vor Jahren noch Befürchtungen gegen eine schwache Währung gehegt, mehren sich mittlerweile die Stimmen jener, die vom steigenden Außenwert des Euro negative Folgen für unseren Export erwarten. Der Euro hat längst seine Feuerprobe bestanden.
Dies lässt sich vom europäischen Stabilitätspakt leider nicht behaupten. Nach anfänglich durchaus erfreulichen Erfolgen bei der Reduzierung der öffentlichen Defizite in allen Euro- Mitgliedsländern haben in den letzten Jahren einige Staaten, vor allem Deutschland und Frankreich, den Pfad solider Haushaltspolitik verlassen. Mangels Mut zu echter Konsolidierung setzen sie auf das in der Wirklichkeit längst widerlegte deficit spending. Deutschland wird nachdem es unter der Regierung Kohl haushaltspolitischer Klassenprimus bei der Haushaltskonsolidierung war im kommenden Jahr zum dritten Mal in Folge den Stabilitätspakt verletzen. Mit einer unheiligen Allianz wollen Deutschland und Frankreich an den Grundfesten des Stabilitätspakts rütteln. Dies hätte über kurz oder lang schwerwiegende Folgen, denn der Pakt bildet auch aus der Sicht der Märkte die politische Geschäftsgrundlage für die Stabilität der Europäischen Währungsunion.
Die Bilanz des Wegs zur politischen Union fällt gemischt aus. Auf der Bühne der Weltpolitik, insbesondere im transatlantischen Verhältnis, fällt es den EU-Mitgliedern schwer, mit einer Stimme zu sprechen. Während des Irak-Konflikts drohte die Union auseinander zu fallen. In diesen Wochen und Monaten erwies sich nur noch die Gemeinschaftswährung als einigendes Band.
Die Grundrechte-Charta ist sicher positiv zu bewerten. Ob und inwieweit die Osterweiterung gelingen wird, bleibt abzuwarten. Die finanzielle Lastenverteilung innerhalb der EU ist nach wie vor nicht befriedigend geregelt, so dass weitere Verteilungskonflikte vorprogrammiert sind. Die Verträge von Amsterdam und Nizza waren Zwischenschritte, doch markieren sie keinen Durchbruch bei den Bemü- hungen, die Arbeitsfähigkeit einer erweiterten EU sicher zu stellen und die EU zu einem echten Global Player auf der Bühne der Weltpolitik zu machen. Ebenso unbefriedigend fällt die Beurteilung des Entwurfs für einen europäischen Verfassungsvertrag aus. Die CSU hat mehrfach die unbestreitbaren Defizite und Mängel angeprangert. Die ungelöste Kompetenzproblematik hat die Befürchtungen hin- sichtlich zentralistischer Tendenzen verstärkt. Eine Antwort auf die Frage nach den endgültigen Außengrenzen der Union steht bis heute aus. Wie die Auseinandersetzung um einen möglichen EU-Beitritt der Türkei zeigt, darf dieses Problem nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden, weshalb es auch in der wahlpolitischen Auseinandersetzung nicht ausgeklammert werden darf. Nach wie vor fehlt es der EU an einem überzeugenden Selbstverständnis.
Maastricht hat dem Projekt der europäischen Einigung eine beachtliche und erfolgreiche Dynamik gegeben. Nun wären die Staats- und Regierungschefs gut beraten, auf eine innere Konsolidierung zu setzen. Es wäre jedenfalls bedenklich, die Menschen beim weiteren Ausbau der Union zu überfordern. Wenn das Projekt Europa nur mit dem Verstand, nicht aber mit dem Herzen der Menschen getragen wird, dann ist das Projekt längerfristig zum Scheitern verurteilt.
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