Forum Moderne Landwirtschaft e.V.
Presseeinladung zum 8. Berliner Gespräch zur Nachhaltigkeit: "Weltagrarhandel - liberal und fair?"
Bonn/Berlin (ots)
30. März 2006 10.30 bis 12.30 Uhr im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft, Claire-Waldoff-Straße 7, 10117 Berlin
Doha 2001, Cancun 2003 oder Hongkong 2005 stehen als Synonyme für die anhaltenden Auseinandersetzungen in der WTO zu Fragen des Weltagrarhandels. Wie liberal und fair ist dieser Weltagrarhandel heute - wie liberal und fair kann oder soll er morgen sein?
Diese Frage bewegt alle, die sich um das Verhältnis zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sorgen. Viele Aspekte spielen bei einer globalen Betrachtung von Produktion, Handel und Konsum eine entscheidende Rolle. Dazu zählen beispielsweise Exportsubventionen oder Beschränkungen des Marktzugangs über Zölle, die Einhaltung von sozialen, Tierschutz- und Umweltstandards, aber auch die politischen Verhältnisse und die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung in der Dritten Welt.
"Sämtlicher internationaler Handel sollte liberalisiert werden", kommentieren Experten wie Prof. Dr. Awudu Abdulai, Lehrstuhlinhaber der Abteilung Ernährungsökonomie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel die Problematik. "Auch die Industrieländer müssen ihre Märkte öffnen und damit den Entwicklungsländern den Zugang ermöglichen."
Für eine differenzierte Reformpolitik plädiert Bischof Reinhard Marx, Trier: "So notwendig der Abbau von Exportsubventionen ist, so fragwürdig ist auch die von vielen Ökonomen geforderte völlige Liberalisierung des Agrarsektors. Dies würde nämlich im Norden wie im Süden die Konzentration auf wenige agroindustrielle Großbetriebe verstärken und kleinbäuerlichen Betrieben die Erwerbschancen nehmen, so Marx.
"Zur Liberalisierung des Weltagrarhandelsystems gibt es keine Alternative", entgegnet in diesem Zusammenhang Prof. Dr. Harald von Witzke von der Humboldt-Universität Berlin. "Ohne eine Liberalisierung des Welthandelssystems muss der Kampf gegen den Hunger erfolglos bleiben." Entwicklungsländer, die sich dem liberalen Handel widersetzten, würden mit noch größerer Nahrungsmittelunsicherheit rechnen müssen, prophezeit von Witzke.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert in diesem Kontext, dass die Marktöffnung für Agrargüter der Tatsache Rechnung tragen muss, dass die deutsche und europäische Landwirtschaft unter hohen Standards produziert, die in anderen Ländern völlig unbekannt seien. Hier sei ein ausreichender Außenschutz notwendig.
Tatsächlich ist die EU weltweit der größte Importeur und Exporteur von Agrargütern. So wurden 2004 landwirtschaftliche Erzeugnisse im Gegenwert von 69,2 Milliarden Euro importiert; dem stand im gleichen Zeitraum ein Exportvolumen von 54,3 Milliarden Euro gegenüber. Gerade für die Gruppe der Entwicklungsländer ist die EU der wichtigste Handelspartner: Rund 71 % der EU-Agrarimporte und etwa 38 % der EU-Exporte wurden 2004 mit den Entwicklungsländern getätigt.
Im Zusammenhang der laufenden WTO-Verhandlungen plädiert der DBV für "fair trade" statt "free trade". Dies beinhalte auch, dass die Exportförderungsmaßnahmen aller Akteure auf dem Weltmarkt abgeschafft werden. Auf der anderen Seite sei es aber genauso inakzeptabel, wenn exportorientierte Schwellenländer den Entwicklungsland-Status beanspruchen, um die eigenen Märkte, beispielsweise für den Süd-Süd-Handel nicht öffnen zu müssen.
Wo steht heute die EU-Agrarpolitik, wo steht der Weltagrarhandel im Hinblick auf die genannten Ziele und Anforderungen? Wo lassen sich Stärken oder Schwächen erkennen? Gibt es Anlass zum Umsteuern? Sind die Konzepte von "ländlicher Entwicklung" im Süden und "multifunktionaler Landwirtschaft" im Norden kompatibel?
In diesem Zusammenhang wollen wir uns auch mit dem gemeinsamen Positionspapier der Katholischen Landvolkbewegung (KLB), der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) und der Deutschen Kommission Justitia et Pax "Agrarhandel als Testfall für gerechte Welthandelsbedingungen", befassen.
Auf dem Podium werden Bischof Reinhard Marx, Trier, Präsident Gerd Sonnleitner, Deutscher Bauernverband, Prof. Dr. Harald von Witzke, Humboldt-Universität Berlin, sowie Prof. Dr. Awudu Abdulai (Ghana), Christian-Albrechts-Universität Kiel, diskutieren. Die Diskussionsleitung liegt bei Dieter Nürnberger vom Deutschlandfunk (Berlin), Preisträger der deutschen Umweltstiftung 2006.
Unsere Berliner Gespräche richten sich gleichermaßen an Vertreter von Politik und Administration, an die Agrarwirtschaft, an Verbände und Organisationen und gesellschaftlichen Gruppen im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Ethik sowie an die Medien. Wir möchten damit auf Problembereiche aufmerksam machen, gleichzeitig aber auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nach sinnvollen und konsensfähigen Lösungen suchen.
Nach der Diskussion besteht für Medienvertreter die Gelegenheit zu Interviews mit den Teilnehmern der Podiumsdiskussion.
Wir laden Sie sehr herzlich zu dieser Veranstaltung ein. Um Rückantwort bis spätestens 28. März 2006 wird gebeten.
Pressekontakt:
Jutta Winkels
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