Börsen-Zeitung: Der Bernanke-Put, Kommentar von Jürgen Schaaf zur Reaktion der Fed auf die Krise am US-Hypothekenmarkt und die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten
Frankfurt (ots)
Es gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, wie die amerikanische Notenbank den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten begegnet. In ihrem Kommuniqué zum Zinsbeschluss machte die Fed unter der Leitung ihres Vorsitzenden Ben Bernanke deutlich, dass zwar die Ausschläge an den Finanzmärkten und die "strengeren Kreditbedingungen für einige Haushalte und Unternehmen" von ihr wahrgenommen würden. Allerdings müsse man sich im Hause der Notenbank noch ein klareres Bild über die möglichen Konsequenzen für Realwirtschaft und Inflation machen. Bereits in der vergangenen Woche hatte William Poole von der Fed in St. Louis verlauten lassen, die US-Notenbank dürfe nur dann auf Marktbewegungen reagieren, wenn diese das Erreichen von Preisniveaustabilität und hoher Beschäftigung oder die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte an sich bedrohten. Nach dem Motto: Bislang geht uns das Drama am Hypothekenmarkt nichts an.
Das ist reichlich unverfroren angesichts der Rolle, die die Fed in der Entstehung der Subprime-Krise gespielt hat. Noch unter Führung von Bernankes Vorgänger Alan Greenspan hatte sie nach dem Platzen der New-Economy-Blase die kurzfristigen Zinsen in den Keller geschickt und so den Finanzmärkten signalisiert, dass die Notenbanker dem Lande schon aus der Patsche helfen, wenn Spekulanten sich im große Stile verzockt haben. Ansonsten gedenke sie aber nicht, gegen die Hasardeure vorzugehen. "Greenspan-Put" heißt dieser asymmetrische Umgang mit Exzessen an Vermögensmärkten seither.
In ihrer Gier nach Rendite, welche die sicheren Anlagen in der langen Phase niedriger Notenbankzinsen nicht haben befriedigen können, stürzten sich Anleger auf immer zweifelhaftere Investments. Das - vorläufige - Ergebnis nennt sich jetzt Subprime-Krise.
Zwar ist Greenspan längst im Ruhestand. Aber es liegt in der Verantwortung der aktuellen Führungsriege, dem Eindruck entgegenzutreten, Investoren könnten bedenkenlos immer höhere Risiken in immer größerem Umfang eingehen. Das lapidare Abwinken der Währungshüter im Zusammenhang mit den aktuellen Ausschlägen an den Finanzmärkten ist nicht nur unangebracht, es nährt bereits den nächsten Exzess. Um die Finanzmärkte strukturell zu beruhigen, darf die Hoffnung auf einen Bernanke-Put gar nicht erst entstehen
(Börsen-Zeitung, 9.8.2007)
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