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Börsen-Zeitung: Ohne Alternative, kommentar zur Zinssenkung der US-Notenbank von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Es kommt einem ja irgendwie bekannt vor: Eine
geplatzte Asset-Preis-Blase, global einbrechende Aktienkurse, die 
amerikanische Wirtschaft droht abzuschmieren - und die US-Notenbank 
Federal Reserve (Fed) senkt den Leitzins auf 1%. So wie die 
Währungshüter um Fed-Chef Ben Bernanke den Schlüsselzins gestern 
erwartungsgemäß um 50 Basispunkte gesenkt haben, schleuste das 
Gespann um Bernankes Vorgänger Alan Greenspan das Zinsniveau im Juni 
2003 ebenfalls auf nur 1 Prozentpunkt oberhalb der Nulllinie herab. 
Damals war es eine Reaktion auf die geplatzte Dot-Com-Bubble und die 
Verschärfung der Finanz- und Wirtschaftskrise nach den 
Terroranschlägen vom September 2001. Derzeit sind die 
US-Immobilienkrise sowie der Beinahe-Zusammenbruch des globalen 
Finanzsystems nach der Lehman-Pleite im September dieses Jahres die 
Auslöser der Krise.
Angesichts dieses Déjà-vu-Erlebnisses überraschen die Bewertungen 
kaum. Die Börsen reagieren - mit zeitlichem Vorlauf - zunächst 
erfreut. Stabilitätsorientierte Ordnungspolitiker warnen dagegen, 
dass mit der radikalen Zinssenkung bereits die nächste 
Spekulationsblase genährt werde. Wer aber hat recht? Keiner von 
beiden. An den Aktienmärkten wird bald Ernüchterung einkehren, weil 
die Zinssenkungen der Fed verpuffen, solange der Bankensektor nicht 
wieder in die Spur zurückfindet und die Talfahrt am Immobilienmarkt 
endet.
Aber auch die Anhänger der Hypothese der liquiditätsgetriebenen 
Spekulationsblasen irren. Nicht die Reaktion der Fed auf die 
Blasenimplosion des Jahres 2001 hat die Immobilien-Hausse ausgelöst. 
Die laxe Kreditvergabepraxis an Gläubiger schlechter und 
schlechtester Bonität wog schwerer. Aber selbst wenn man für das 
Liquiditätsargument empfänglich ist, waren es nicht die 
Zinssenkungen, die die Krise heraufbeschworen haben, sondern das zu 
lange Festhalten am niedrigen Zinsniveau, nachdem sich die Wirtschaft
schon wieder auf dem Wege der Besserung befand. Für die Beantwortung 
der Frage, wann die Zinsen wieder erhöht werden müssen, ist im 
jetzigen Zyklus noch viel Zeit. Die Krise hat das Zeug, das 
Finanzsystem und die Realwirtschaft über Jahre zu schwächen. Die 
Geldpolitik kann derzeit dagegen nur sehr wenig ausrichten. Das 
Einzige, was sie tun kann, ist, dem System billiges Geld zumindest 
anzubieten. Der Schritt der Fed war daher ohne Alternative.

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