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Börsen-Zeitung: In der Realität angekommen, Kommentar zur Siemens-Geschäftsentwicklung von Stefan Kroneck

Frankfurt (ots)

Die euphorische Reaktion der Anleger auf die
Quartalszahlen von Siemens steht in einem starken Kontrast zu der 
dramatisch eingetrübten Geschäftslage des Mischkonzerns. Klar war ja 
bereits, dass das Ergebnis der Monate Januar bis März allein wegen 
eines Basiseffekts (Projektbelastungen im Vorjahr von 770 Mill. Euro)
deutlich wächst. Rechnet man aber diesen Effekt heraus, hat sich die 
Ertragskraft von Siemens um 10% reduziert. Doch diese bilanziellen 
Details scheinen die Investoren nicht zu interessieren. Was allein 
zählt, ist die Tatsache, dass der Konzern die Markterwartung 
übertraf. Das ist schon sehr viel in einer Zeit, die von einer tiefen
Rezession geprägt ist und in der Wettbewerber reihenweise mit 
schlechten Zahlen an der Börse durchfallen.
Die Anleger trauen Siemens vermutlich zu, die Wirtschaftskrise 
besser zu überstehen als Konkurrenten wie General Electric. Ein 
Vorteil des Dax-Konzerns ist, dass er vorzeitig mit Einsparungen 
begonnen hat, als die Rezession in ihrem verheerenden Ausmaß noch gar
nicht abzusehen war. Die von Vorstandschef Peter Löscher 
eingeleiteten Aufräumarbeiten (Portfoliobereinigung und Stellenabbau)
greifen. Allerdings war sein Programm keine Reaktion auf den 
Konjunkturabschwung, sondern eine Antwort auf strukturell bedingte 
Ineffizienzen (überdimensionaler Verwaltungsapparat). Nicht 
auszumalen, wo Siemens stünde, wenn die Automobilzuliefersparte VDO 
und große Teile der Telekomaktivitäten noch zum Konzern gehörten.
Sollte sich das Geschäft in den Kernsektoren Industrie, Energie 
und Medizintechnik jedoch weiter verschlechtern, müsste Siemens beim 
Kostenabbau nachbessern. Die von Löscher gekappte Ergebnisprognose 
für 2009 - die längst überfällig war - deutet an, wohin die Reise 
geht. Dass sich Löscher nun auf keine neue exakte Zielmarke festlegt 
und lediglich ausgibt, das Vorjahresniveau übertreffen zu wollen, 
zeigt, wie die operativen Risiken zugenommen haben. Der Siemens-Chef 
ist in der bitteren Realität angekommen. Analysten hatten ihm ohnehin
nicht mehr geglaubt, dass er sein ursprüngliches Gewinnziel erreicht.
Für die Börse ist dieses Thema abgehakt, weil eine Gewinnwarnung 
längst im Kurs eingepreist war. Die sich verschlechternde 
Auftragslage weist aber darauf hin, dass es 2010 für Siemens 
knüppeldick kommt. Weitere Belastungsproben stehen der Aktie also 
bevor.

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Redaktion

Telefon: 069--2732-0

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