Temporärer Rückschlag, Kommentar zur US-Wirtschaft von Peter De Thier
Washington (ots)
Zwar sprechen die meisten Ökonomen von einem überraschenden Rückgang des US-BIP im ersten Quartal. Ist es aber wirklich verwunderlich, dass die Wirtschaft angesichts der Vielzahl von Krisen, die ausgebrochen sind und sich teilweise überlappen, Federn lässt? Die Inflation befindet sich auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine treibt die Energiepreise weiter hoch und hat für einige Zeit die Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern erhöht. Auch sollte man nicht vergessen, dass neue Lockdowns wegen der Omikron-Variante des Coronavirus gar nicht so lange zurückliegen und die Konjunktur nur langsam wieder begann, auf Touren zu kommen.
Gewiss ist es rein politisch motiviert, wenn US-Präsident Joe Biden die erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt herunterspielt, von "technischen Faktoren" spricht und jene "Position der Stärke" betont, in der sich die Wirtschaft angesichts der hohen Hürden befindet, die genommen werden müssen. Biden hat nicht unrecht. Schließlich hätten die wenigsten geglaubt, dass sich die US-Wirtschaft nach dem pandemiebedingten Absturz um mehr als 30 Prozent so schnell erholen würde, dass sie im Folgejahr das stärkste Wachstum seit 1984 aufweist.
Historisch gesehen ist die Resistenz der US-Wirtschaft unbestreitbar, und fraglos wird sie sich auch von diesem Rückschlag erholen. Dennoch sind die immensen Risiken nicht zu unterschätzen. Dabei geht die größte Gefahr von der Rekordinflation und den Zinserhöhungen aus, die schon heute auf dem Häusermarkt lasten und das Wachstum weiter abwürgen könnten. Nicht einmal der Fed-Vorsitzende Jerome Powell und seine Kollegen im FOMC wissen, wie straff sie die Zügel angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten, die den Verlauf der Inflation beeinflussen werden, ziehen müssen. Zu den wichtigsten Komponenten zählen die Energiepreise, und deren weitere Entwicklung wird in hohem Maße davon abhängen, ob der Krieg bald endet.
Indes steckt Biden in einer Zwickmühle. Angenommen, die Konjunkturschwäche dauert länger an, dann würden Regierung und Kongress sich in der Regel auf Ausgabenprogramme einigen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Diese Möglichkeit ist angesichts der Inflation, der hohen Staatsverschuldung und des hartnäckigen Widerstands seitens der republikanischen Opposition vom Tisch. Denn die wollen dem Präsidenten jeden Erfolg verweigern, selbst um den Preis einer möglichen Rezession.
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