Börsen-Zeitung: Nur Mut machen reicht nicht, Kommentar zur Halbzeit in der rot-grünen Regierungspolitik von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Halbzeit für die rot-grüne Bundesregierung: Zwei Jahre nach der Bundestagswahl gibt Bundeskanzler Gerhard Schröder Mutmacher-Parolen aus. Auf unsere Stärken besinnen lautet der Titel des Geschäftsberichts der Regierung zur Mitte der Legislaturperiode. Die Bilanz der Regierungspolitik aber bleibt unbefriedigend, die politische Debatte noch mehr. Daran ist die Union jedoch nicht minder beteiligt. Statt Aufbruchstimmung zu verbreiten, versinkt die Politik in Auseinandersetzungen über Gerechtigkeitsfragen und Mitnahmementalität. Dabei geht es munter durcheinander Kürzungen bei Sozialleistungen werden mit Forderungen verknüpft, dass auch Manager hierzulande zu viel verdienen und deren Einkünfte nicht ausreichend transparent sind. Der Corporate Governance Kodex wird zum Instrument einer nationalen Verteilungsdebatte.
Dabei bleibt die Wirtschaft selbst in ihrer Kritik moderat. Die Weichen seien richtig gestellt, aber die Reformen gingen nicht weit genug, erklärte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zur Halbzeit für die 17 Verbände der gewerblichen Wirtschaft. Dort weiß man auch, dass zusätzlicher Widerstand dem Kanzler, der schon in der eigenen Partei um den Reformkurs kämpft, das Leben zusätzlich schwer machen würde. Die Zerstrittenheit in der Union lässt zudem nicht hoffen, dass eine andere Regierung nötige Reformen zügiger auf die Schiene setzen und konsequenter voranbringen würde.
Dabei sind die Symptome, an denen Deutschland krankt, bekannt. Die Sozialabgaben, die bei den Unternehmen als Lohnzusatzkosten zu Buche schlagen, sind unverändert hoch. Das Tarifkartell zementiert die Strukturen am Arbeitsmarkt ebenso wie die wenig flexiblen Vorschriften des Arbeitsrechts. Die Bundesregierung setzt an den richtigen Stellen an, die Reformen bleiben aber kurzatmig.
Die vier Hartz-Gesetze reparieren weitgehend nur die Schwächen in der staatlichen Verwaltung der Arbeitslosigkeit. In der Krankenversicherung werden mit den Plänen, den Zahnersatz vorerst doch nicht aus dem Leistungskatalog zu streichen, keine Anreize für die Versicherten geschaffen, die Kosten niedrig zu halten. In der gesetzlichen Rentenversicherung zügelt die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors zwar langfristig die Ausgabensteigerung, die demografischen Probleme werden damit aber nicht gelöst. Beitragssenkungen sind kaum zu erwarten, eher Steigerungen wie bei der Pflegeversicherung.
Jedes weitere Warten macht die Probleme in den langfristig wirkenden Systemen der Sozialversicherung nur größer. Tatsächlich ist die Halbzeit aber schon längst vorbei, denn der Wahlkampf 2006 läutet wieder eine Zeit der Tatenlosigkeit ein.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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