Börsen-Zeitung: Die Kluft wird größer, Kommentar von Christina Rathmann zur Halbjahresbilanz der Fondsbranche
Frankfurt (ots)
Eine Zahl ist Symbol für den großen Trend in der Fondsbranche in diesem Jahr: Es ist die 100. So viele Milliarden hat die Deutsche- Bank-Tochter DWS inzwischen unter Verwaltung so viel wie nie zuvor. Die großen Anbieter von Publikumsfonds (mit der einzigen Ausnahme der Cominvest) haben seit Januar im Volumen äußerst stark zugelegt, während die allermeisten mittelgroßen und kleinen Häuser im Geschäft mit Privatkunden vor sich hindümpeln und Mittelabflüsse aufweisen.
Das Wachstum der Großen kommt nicht nur dadurch zustande, dass die Kurse an den Aktien- und Rentenmärkten ihr Volumen steigen lassen. Die Marktführer dominieren auch das Neugeschäft.
Große und Kleine in der Branche driften mit rasantem Tempo auseinander. Für die Flaggschiffe ist die Situation erfreulich: Sie haben in den vergangenen Jahren an der Effizienz gearbeitet,und nun steigern höhere Volumina auch die Erträge.
Für die übrigen Adressen von A wie Alte Leipziger bis W wie W&W Asset Management aber ist die Lage bedenklich. Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag im Publikumsfondsgeschäft ist in vielen Fällen nicht optimal. Die marktbedingt steigenden Volumina, mit denen sich auch die Einnahmen aus der prozentualen Verwaltungsvergütung erhöhen, verdecken nur, dass diese Häuser nicht an ihrer Effizienz gearbeitet haben. Die wenigsten haben sich ein klares Profil gegeben und eine Nische besetzt, die sie kompetent füllen könnten. Im Vertrieb haben sie gegen die Fondsriesen keine Chance.
Stehen die Zeichen also etwa auf Konsolidierung? Mitnichten. Welcher große Anbieter, bei dem der Absatz brummt, hätte es nötig, einen kleinen zu übernehmen, dessen Motor bedenklich stottert? Für die Eigentümer der kleinen Anbieter im Publikumsfondsgeschäft bedeutet dies, dass die Preise, die sie für ihre Töchter erzielen könnten, immer unattraktiver werden.
Bleibt das Neugeschäft aus, oder bringt ein neuer Abschwung die verwalteten Volumina von der Marktseite her unter Druck, wird es ernst für die Kleinen. Solange die Märkte noch für sie laufen und Volumina und Erträge steigen lassen, haben sie die letzte Chance, ihr Haus in Ordnung zu bringen. Sonst bleibt eines Tages nur die Wahl zwischen verscherbeln und dichtmachen. Beides wäre Wertvernichtung. Keine gute Strategie für einen Asset Manager.
(Börsen-Zeitung, 15.7.2005)
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