Weser-Kurier: Zu den Missständen in der Pflege schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 14. August 2013:
Bremen (ots)
Die Liste der Vorwürfe, die die Organisation Transparency International Deutschland gegen die Pflegebranche erhebt, ist schier endlos: Betrug und Korruption seien gang und gäbe. Nicht erbrachte Leistungen würden abgerechnet, Gelder zweckentfremdet, hilflose Patienten ausgebeutet und von Heim zu Heim verschachert. So zumindest schildern es Insider aus der Branche, die in einer Untersuchung - teilweise aber anonym - befragt worden sind. Dies ist zugleich der Hauptkritikpunkt an der Transparency-Studie: Eine Organisation, die sich den Kampf für mehr Transparenz in allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen auf die Fahnen geschrieben hat, lässt bei ihrer eigenen Arbeit ein hohes Maß an Intransparenz walten. Das allerdings zeigt einmal mehr, wie schwer es ist, verborgenen Missständen in der Pflege auf den Grund zu gehen. Nur im Schutze der Anonymität bringen Pflegekräfte den Mut auf, über Unregelmäßigkeiten zu sprechen. Ansonsten laufen sie Gefahr, ihre Stelle zu verlieren. Das deutsche Arbeitsrecht sieht für Whistleblower aus der Altenpflege keinen speziellen Schutz vor. Der wäre aber dringend notwendig, um die oftmals hilflosen Patienten in den Heimen vor üblen Machenschaften zu bewahren. Dass es diese gibt, daran zweifelt kaum jemand. Wie groß das Ausmaß ist, weiß indes niemand. Darum muss der Staat endlich handeln, sonst sind Angehörige auch künftig darauf angewiesen, Missstände zur Not mit versteckter Kamera aufzudecken, wie es in einem Bremer Pflegeheim im vergangenen Jahr geschah. Der reformierte Pflege-TÜV des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung wird kein geeignetes Mittel sein, um Betroffenen mehr Sicherheit zu geben. Er ist ein Minimalkompromiss zwischen Politik, Kassen und der Pflege-Lobby, der am grundlegenden Problem leider nichts ändert. Denn gravierende Mängel können in der Gesamtbeurteilung auch weiterhin durch Nichtigkeiten ausgeglichen werden. Sind Patienten dehydriert oder wund gelegen, bekommt das Heim trotzdem eine gute Note, solange nur die Krankenakten ordentlich geführt sind.
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