Lausitzer Rundschau: Das Urteil gegen einen Testfahrer
Cottbus (ots)
Für die einen ist der Schuldige gefunden und gerecht bestraft, für andere ist das Urteil zu hart und zweifelhaft begründet. Aber dieser vordergründige Streit um die Verantwortung eines jungen Mannes für den Tod einer jungen Frau und ihrer Tochter lenkt tatsächlich ab von der notwendigen Diskussion um den alltäglichen Kleinkrieg auf Deutschlands Autobahnen. Ein Kleinkrieg, dem wir alle ausgesetzt sind, auch wenn ihn tatsächlich nur eine Minderheit führt. Denn die allermeisten wissen ganz genau, dass sie mit dem Hubraum nicht auch die linke Spur gekauft haben. Und die allermeisten verstehen es auch nicht als Demutsgeste, wenn sie Platz machen für einen Schnelleren. Aber es ist eben keiner aus dieser großen Zahl der vernünftigen Verkehrsteilnehmer gefeit vor dieser Minderheit, die das Führen eines Autos mit der Bewältigung der persönlichen Profilneurose verwechselt. Und deswegen sollte man nach dem Urteil von Karlsruhe nicht zur Tagesordnung übergehen. Es sollten klare Grenzen gezogen werden, die verhindern, dass die Autobahnen als Teststrecken für Sportwagen missbraucht werden. Und für solche Grenzen sorgt nur ein Tempolimit. Es muss nicht bei 130 liegen, wahrscheinlich hätten selbst 160 den schrecklichen Unfall verhindert, über den jetzt alle reden. Überall dort, wo solche Limits aufgestellt wurden, gehen ja auch die Unfallzahlen zurück wie etwa auf der A 24 zwischen Berlin und Hamburg. Solche Grenzen helfen tatsächlich allen und paradoxerweise selbst jenen Werksfahrern, von denen jetzt einer vor Gericht stand. Einer von denen, die unter dem Generalverdacht stehen, dass sie jederzeit andere von der Strecke jagen mit den Geschwindigkeiten, die sie austesten. Und es könnte auch hilfreich sein, wenn wir darüber nicht einen ausufernden Grundsatzstreit führen, sondern Schritt für Schritt Erfahrungen sammeln - etwa, indem zunächst nur die vierspurigen Schnellstraßen davon betroffen wären.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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