Verrat an der olympischen Idee
Neue Kampagne ruft die Sportswear-Industrie zu Fair Play auf
Berlin (ots)
Große Markenfirmen der Sportbekleidungsindustrie verletzen die Rechte von Millionen von ArbeiterInnen überall auf der Welt, um rechtzeitig vor den Olympischen Spielen in Athen die Geschäfte mit den neuesten Sportschuhen, Kleidungsstücken und Accessoires zu bestücken.
Die Kampagne für 'saubere' Kleidung, die Global Unions und Oxfam starten heute gemeinsam die weltweite Kampagne Play Fair at the Olympics. Sie fordern das Internationale Olympische Komitee und Firmen wie Fila, Puma, Umbro, Asics und Mizuno auf, 'sauber' zu produzieren.
Play Fair basiert auf neuesten Recherchen über die unbarmherzigen Strategien der global agierenden Sportbekleidungsindustrie. Diese Industrie lässt die neueste Mode immer schneller, billiger und mit immer kürzeren Lieferfristen produzieren. Um Aufträge zu bekommen, zwingen die Zulieferbetriebe ihre ArbeiterInnen, länger und härter zu arbeiten und verweigern ihnen fundamentale Arbeitsrechte.
Play Fair-Interviewer haben mit ArbeiterInnen gesprochen wie Phan aus Thailand und Fatima, die in einer indonesischen Fabrik arbeitet, die für Fila, Puma, Nike, adidas und Lotto produziert: "Wir glauben nicht, dass wir höhere Löhne, bessere Sozialleistungen und rechtliche Sicherheiten verlangen können", sagt Phan. "Wenn ich mein tägliches Soll nicht in der regulären Arbeitszeit erfülle, muss ich unbezahlte Überstunden leisten... Ich habe nicht das Gefühl, dass ich einen sicheren Arbeitsplatz habe", so Fatima aus Indonesien.
"Die Sportartikelindustrie pumpt Millionen ins Marketing, um für Athen gerüstet zu sein. Die Olympischen Spiele wollen das Schaufenster der Fairness sein und zeigen, was Menschen erreichen können. Doch angesichts der allgegenwärtigen Ausbeutung und Missachtung der Arbeitsrechte in der Sportbekleidungsindustrie wird der olympischen Gedanke zur Farce", sagt Guy Ryder, Sprecher der "Global Unions" und Generalsekretär des 151 Millionen Mitglieder repräsentierenden Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften.
"Die globalen Geschäftspraktiken erlauben es den großen Markenfirmen, Kosten und Risiken auf diejenigen abzuwälzen, die sich am wenigsten wehren können: die ArbeiterInnen am unteren Ende der weltweiten Lieferketten", sagt Adrie Papma, Sprecherin der Play-Fair-Kampagne von Oxfam. "Besonders Frauen sind Diskriminierungen ausgesetzt. Gewerkschaftliche Rechte werden ihnen vorenthalten. Oft werden übermäßig lange Arbeitszeiten und unbezahlte Überstunden gefordert. Sie arbeiten häufig ohne Arbeitsverträge, erhalten weder Mutterschutz noch Rentenansprüche, und das alles für einen Lohn, der in vielen Fällen nicht einmal das Existenzminimum ermöglicht."
Play Fair dokumentiert die Zeugnisse von ArbeiterInnen und Fabrikmanagern in Bulgarien, Kambodscha, Thailand, China, Indonesien und der Türkei. Die Ergebnisse zeigen:
- Die Versprechungen der Konzerne, verantwortlich zu handeln, sind oftmals halbherzig und es fehlt ihnen an Glaubwürdigkeit. Von den Einkaufsabteilungen der Konzerne werden sie in den meisten Fällen ignoriert - stattdessen wenden sie skrupellose Methoden an, um ihre Ziele zu erreichen.
- Manager der Zulieferfabriken können nicht die Forderungen der Konzerne erfüllen, gleichzeitig immer schneller, billiger und flexibler zu produzieren und dabei internationale Arbeitsstandards einzuhalten.
- Somit hintertreibt die Industrie die Arbeitstandards, die sie vorgibt einzuhalten. Einige Fabriken fälschen regelmäßig die Bücher, um Kontrollen zu bestehen.
- Es gibt unzählige Hinweise auf ArbeiterInnen, die unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen oder gefeuert werden, wenn sie einer Gewerkschaft beitreten.
"Wären Heuchelei und Ausbeutung olympische Disziplinen, die Sportartikelindustrie würde eine Medaille gewinnen", so Junya Yimprasert von der thailändischen Arbeitsrechts-Kampagne und Mitglied des Kampagnen-Netzwerks für 'saubere' Kleidung. "Die Menschenrechte fallen der Profitgier der Konzerne zum Opfer. Der Wettlauf um die Ausrüsterverträge für die Olympioniken darf nicht zu sozialem Elend der ArbeiterInnen führen."
Die Initiatoren der Kampagne sind der Auffassung, dass eine veränderte Praxis auch im Interesse der Industrie wäre. Einige Konzerne erkennen bereits an, dass die gegenwärtigen Geschäftspraktiken nicht aufrecht erhalten werden können und dass sie eine Mitverantwortung haben. Bisher hat die Industrie aber bei weitem noch nicht genug getan, um zur Lösung der weit verbreiteten Probleme beizutragen. Play Fair ist der Meinung, dass die gesamte Branche zusammen arbeiten muss, um die Einkaufspraktiken zu verändern. Nur so kann es zu einer wirklichen Verbesserung kommen.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Verpflichtung, eine veränderte Geschäftspraxis ihrer Sponsoren und Lizenznehmer zu fordern: Die Industrie muss höhere Preise bezahlen, die Lieferzeiten realistischer gestalten und die Einhaltung von Sozialstandards zu einem ebenso wichtigen Lieferkriterium machen, wie die Faktoren Zeit, Kosten und Qualität.
Die Industrie muss jedem Zulieferer verdeutlichen, dass das Recht, sich zu organisieren oder eine Gewerkschaft zu gründen und kollektive Verhandlungen zu führen, zu den fundamentalen internationalen Arbeitsstandards gehört, die eingehalten werden müssen.
"Doch nicht nur die großen Markenhersteller sind verantwortlich. Auch Regierungen müssen verstärkt zusammen arbeiten und dem Druck widerstehen, Arbeitsrechte und -standards aufzuweichen. Lokale Fabrikbesitzer müssen die Rechte der ArbeiterInnen anerkennen und gerechte Löhne zahlen, die den Lebensunterhalt sichern", so Guy Ryder.
Die Play Fair -Kampagne vereint ArbeiterInnen und KonsumentInnen weltweit, um die Sportbekleidungsindustrie zu einer veränderten Arbeitsweise zu drängen. In diesem Jahr sind verschiedene Veranstaltungen geplant, um auf das IOC und die Industrie Druck auszuüben, mit Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaftsorganisationen zusammen zu arbeiten. Das Ziel ist eine sozial verantwortliche Beschaffungspolitik und die Einlösung der von der Industrie gemachten Versprechungen.
Die Studie "Play Fair at the Olympics" finden Sie unter: www.fairolympics.org
Pressekontakt:
Clean-Clothes-Campaign
c/o Christliche Initiative Romero,
Sandra Dusch,
Tel: 0251 - 89 503,
ci-romero@t-online.de,
www.ci-romero.de
DGB/ Deutscher Gewerkschaftsbund,
Jürgen Eckl,,
Tel: 030 - 24060-763,
Juergen.Eckl@bvv.dgb.de,
www.dgb.de
Oxfam Deutschland,
Jörn Kalinski,
Tel: 030 - 42 85 06 23,
jkalinski@oxfam.de,
www.oxfam.de
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