Sambische Kinder zahlen den Preis für Politik des IWF
Washington D.C. / Berlin (ots)
Tausende ausgebildeter sambischer Lehrer sind arbeitslos, und die Schulklassen bersten. Zugleich ringt sich Sambia in diesem Jahr 156 Mio. US-Dollar mehr für den Schuldendienst ab, als es für Bildung ausgeben kann. Diese Zahlen veröffentlicht die globale Bildungskampagne (Global Campaign for Education, GCE) heute in einem neuen Bericht.
Der GCE-Bericht "Lehrer unter Wert: IWF-Maßnahmen höhlen das sambische Bildungssystem aus" ist in Zusammenarbeit der beiden Hilfsorganisationen Voluntary Service Overseas (VSO) und Oxfam erstellt worden.
Der Bericht zeigt, wie sambische Kinder den Preis für IWF-Maßnahmen zahlen. Obwohl die Schulen dringend weitere 9.000 Lehrer benötigen, sind 8.000 bis 9.000 Lehrer arbeitslos. Das ist absurd. Eine vom IWF verordnete Begrenzung der Staatsausgaben hat zur Folge, dass die Regierung nicht in der Lage ist, dringend benötigte Lehrer sowie Gesundheitspersonal einzustellen.
Der Bericht fordert den IWF und die reichen Länder auf, bei dem heute stattfindenden Treffen der Finanzminister der G7 Staaten einen hundertprozentigen Erlass der multilateralen Schulden der ärmsten Länder der Welt zu beschließen. Dieser könnte zum Teil durch eine Höherbewertung der Goldvorräte des IWF finanziert werden.
"Oberste Priorität des IWF ist es, um jeden Preis die Rückflüsse aus den Krediten zu erhalten, auch wenn dies auf Kosten der Schulbildung sambischer Kinder geschieht. Währenddessen sitzt der IWF auf Goldreserven im Wert von Milliarden von Dollar, die er weder benötigt noch nutzt", so Max Lawson von Oxfam, Koautor des Berichts.
"Das Beispiel Sambias zeigt, wie notwendig eine Reform der Geschäftspraktiken des IWF ist. In Situationen wie diesen zeigt sich, ob der IWF seiner Verantwortung für die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen gerecht wird. Bis jetzt versagt er auf der ganzen Linie", so Koautorin Lucia Fry von VSO.
In Sambia, einem der ärmsten Länder der Welt, leben über 70% der Bevölkerung in Armut, und einer von fünf Erwachsenen ist HIV/AIDS infiziert.
Bildung ist der "goldene Weg" zur Beendung der Armut sein und kann helfen, die Ausbreitung von AIDS zu verhindern. Jedoch wird die sambische Regierung im Jahr 2004 gezwungen, 377 Mio. US-Dollar Schuldendienst zu leisten, während sie nur 221 Mio. US-Dollar für Bildung ausgeben darf. Allein die Zahlungen an den IWF werden die gewaltige Summe von 247 Mio. US Dollar betragen, mehr als das gesamte sambische Jahresbudget für Bildung.
"Wir haben nur drei Lehrer, mich selbst eingeschlossen, um 526 Schüler zu unterrichten. Im Durchschnitt sind 70 Schüler in einer Klasse, und jeder Lehrer muss zwei Klassen unterrichten. Um effektiv zu arbeiten, benötigen wir mindestens zwölf Lehrer", erklärt Silas Silewu, Rektor der Maano-Grundschule in Lusaka.
Die niederländische Regierung hat mit einem kurzfristigen Nothilfepaket eingegriffen, um arbeitslose Lehrer einzustellen. Dies löst jedoch nicht das langfristige Problem, die dringend erforderliche Anhebung der Lehrerzahlen in Zukunft zu finanzieren.
Empfehlungen des GCE-Berichts:
- Der IWF und die G7 sollten heute einen hundertprozentigen Erlass der multilateralen Schulden für die ärmsten Länder der Welt verkünden. Dieser sollte zum Teil durch eine Höherbewertung der IWF-Goldvorräte finanziert werden.
- Die reichen Länder sollten jährlich 50 Mrd. US-Dollar mehr für die Entwicklungshilfe bereitstellen, um die Millennium-Entwicklungsziele (MDG) zu erreichen, einschließlich der zusätzlichen 5,6 Mrd. US-Dollar für allgemeine Grundbildung.
- Die Industrieländer sollten sich zu klaren Zeitplänen bekennen, um wie vereinbart bis 2010 ihre Entwicklungshilfe auf 0,7% des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
- Für die anstehende zweite Runde der Strategiepapiere zur Armutsreduzierung (Poverty Reduction Strategy Papers) sollte eine völlig unabhängige Überprüfung der Auswirkungen der wirtschaftspolitischen Konditionalität durchgeführt werden, einschließlich der Obergrenzen für Inflation und Gehälter.
- Es muss sichergestellt werden, dass sämtliche makroökonomischen Rahmenbedingungen das Ergebnis einer nationalen Diskussion unterschiedlicher Szenarien sind. Diese Diskussion muss auf einer unabhängigen Analyse der Auswirkungen dieser Rahmenbedingungen auf Armut und soziale Entwicklung (Poverty and Social Impact Analysis, PSIA) beruhen und die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele berücksichtigen.
- Der IWF muss in seinen Kommuniqués deutlich machen, dass eine angemessene Anzahl ausgebildeter Lehrer und genügend Gesundheitspersonal für das Erreichen der MDGs unverzichtbar sind. Es müssen die nötigen Mittel aufgebracht werden, um ihnen ein Auskommen zu ermöglichen.
- Die Finanzierung von Grundbildung und anderen Strategien zur Armutsreduzierung muss vom Kreditprogramm des IWF getrennt werden.
- Die reichen Länder müssen sich dazu verpflichten, verstärkt direkte Budgethilfe und gemeinsame Sektorfinanzierung zu leisten, sowie kalkulierbare Langzeitfinanzierung über Mechanismen wie die Education for All Fast-Track-Initiative und die vorgeschlagene International Financing Facility - IFF zu gewährleisten.
- Die Regierungen der Entwicklungsländer sollten Armutsreduzierung und die Erreichung der MDGs ausdrücklich zu einem Ziel ihrer Wirtschaftspolitik machen, mit nachvollziehbarer und messbarer Verankerung im Staatshaushalt. Ausgaben zur Armutsbekämpfung, einschließlich Bildung und Gesundheit, sollten den Schwerpunkt bilden.
Weitere Informationen: Jörn Kalinski, Tel.: 030 42850623, mobil: 0171 8360631, jkalinski@oxfam.de
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