Entwicklungsbelange bei WTO von blankem Eigennutz überlagert
Berlin (ots)
In den Welthandelsgesprächen werden Entwicklungsbelange durch das Bestreben der reichen Länder, ihre Eigeninteressen durchzusetzen, verdrängt. Dies gefährdet die gesamte Handelsrunde grundsätzlich, warnt Oxfam International heute zu Beginn des Treffens des Allgemeinen Rates der WTO in Genf.
In dem heute veröffentlichten Bericht "From development to naked self-interest" zeichnet Oxfam den Verlauf der so genannten Doha-Entwicklungsrunde nach. Oxfam führt eine Folge versäumter Termine auf den mangelnden politischen Willen in reichen Ländern zur Einhaltung ihrer Reformzusagen zurück.
Céline Charveriat, Leiterin der Oxfam International-Kampagne "Make Trade Fair", mahnt: "Jeder versäumte Termin ist ein weiterer Schritt hin zum Scheitern der Verhandlungen. Entwicklungsländern wurde zugesagt, dass sich diese Verhandlungsrunde mit Entwicklung befasst und dass die massiven Ungerechtigkeiten im Welthandelssystem korrigiert werden. Die reichen Länder haben jedoch stets nur ihre Eigeninteressen verfolgt und dabei auf Schritt und Tritt ihre Versprechen gebrochen."
Der Oxfam Bericht beleuchtet zehn Bereiche, in denen blanker Eigennutz eine entwicklungsorientierte Reform blockiert. Unter ihnen ist die Forderung reicher Länder an arme Mitglieder zur vollständigen Gegenseitigkeit aller Maßnahmen und ihr Beharren auf einen Abbau der Agrarzölle, der die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zwischen reichen und Entwicklungsländern unberücksichtigt lässt.
Die reichen Länder haben ihre eigenen Agrarsubventionen umklassifiziert, um deren Abbau zu umgehen, verlangen aber weiterhin, dass Entwicklungsländer die Unterstützung für ihre Bauern um 50% kürzen. Derartige Scheinheiligkeit und Doppelmoral untergraben das Vertrauen in die Verhandlungen und verringern die Wahrscheinlichkeit eines entwicklungsgerechten Ergebnisses.
"Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen gemäß der ursprünglichen Absicht, den Welthandel für Entwicklungsländer gerechter zu gestalten, könnte Millionen von Menschen aus der Armut befreien. Hingegen wäre ein Abkommen, welches vorrangig die Belange der reicheren Mitglieder berücksichtigt, eine im hohen Maße versäumte Gelegenheit und ein tragischer Verrat an den Entwicklungsländern, da sie auf diesen Prozess vertraut haben", so Charveriat.
Das Treffen des Allgemeinen Rates diese Woche ist der letzte Termin für die Vorlage von Textentwürfen als Grundlage für die Reformen, die bei der Ministerkonferrenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Hong Kong im Dezember beschlossen werden sollen. Mangelnde Übereinstimmung hat zur Folge, dass diese Entwürfe nicht zustande kommen. Die Frist für den Abschluss der Verhandlungen endet 2006, wenn die Ermächtigung der US-Administration, Handelsreformen beschleunigt durch den Kongress zu bringen, ausläuft.
Oxfam appelliert an den Allgemeinen Rat, diese Woche einvernehmlich einen Fahrplan für das weitere Vorgehen zu verabschieden. Alle Mitglieder sollten an den Entscheidungen beteiligt sein, und kleine Gruppen sollten nicht in letzter Minute Entscheidungen präsentieren, die dann von der Mehrheit zu bestätigen sind. Alle Entwicklungsländer sollten gleich behandelt werden und sollten die "spezielle und differenzierte Behandlung" gemäß der Doha-Deklaration und den Regeln der Welthandelsorganisation erfahren.
Der vollständige Bericht "From development to naked self-interest" in englischer Sprache ist unter http://www.oxfam.de/download/FromDevelopment.pdf zugänglich.
Weitere Informationen: Dr. Jörn Kalinski, Oxfam Deutschland, Tel.: 030-428 50 623
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