Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Über Wörter und Taten - Kommentar von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Mit der Aussage, der Irak-Krieg sei ausschließlich ein US- Abenteuer, hat die Regierung 2002 die Wahl gewonnen. Am Tag des Kriegsbeginns, dem 20. März 2003, sagte Schröder im TV: Deutschland beteiligt sich nicht an diesem Krieg.
Nach der Wahl präzisierte Schröder: Eine aktive Beteiligung werde es nicht geben. Damit ließen sich die Überflugrechte für die USA ebenso rechtfertigen, wie die Nutzung von US-Militäreinrichtungen in Deutschland oder die Stationierung von Giftgas-Spürpanzern in Kuwait.
Inzwischen ist bekannt, dass die Deutschen zwei BND-Leute (Volker H. und Reiner M.) nach Bagdad schickten, und zwar auf Veranlassung des BND-Präsidenten, abgesegnet sowohl vom Kanzleramtsminister Steinmeier wie vom Außenminister Fischer. Es ist bekannt, dass diese deutschen Quellen militärisch verwendbare Informationen lieferten, die den USA weitergeleitet wurden. Bekannt ist, dass die US- Regierung die Arbeit der beiden für so kriegswichtig einstufte, dass sie dafür Orden vergaben.
Bekannt ist weiter, dass der BND einen Exil-Iraker als Informanten auftat, der behauptete, Saddam besitze mobile Biowaffen-Labors. Diese Informationen, sie entpuppten sich später als Fälschung, lieferte der BND an die Amerikaner weiter. Sie wurden für die US- Regierung zu einem mitentscheidenden Detail, um die Unterstützung ihrer Bevölkerung für den Krieg zu gewinnen. Bush benutzte die Informationen öffentlich im Februar 2003, Außenminister Powell stützte sich darauf in seiner legendären Ansprache vor dem UN- Sicherheitsrat am 5. Februar desselben Jahres.
Wie es dazu kommen konnte, dass der BND sich über seinen Informanten derart irrte, steht auf dem einen Blatt. Auf dem anderen aber steht, wie und mit wessen Wissen die Informationen nach Washington kamen. Dazu schreibt der Spiegel: Während der BND inzwischen darauf hinwies, dass sich die Angaben ihres Informanten durch andere Quellen nicht bestätigt hätten, habe das Kanzleramt der Verwendung der Angaben im Weltsicherheitsrat zugestimmt. Sollte das stimmen, es wäre der Erwähnung im Geschichtsbuch wert.
Politisch problematisch ist nicht, dass BND-Leute im deutschen wie amerikanischen Sicherheitsinteresse in Bagdad gute Arbeit leisteten. Problematisch ist auch nicht, dass die Geheimdienste der USA und Deutschlands gut zusammen arbeiteten, und dass auch deshalb das deutsch-amerikanische Verhältnis nicht zerstört wurde. Politisch problematisch ist, dass die damalige Regierung der Bevölkerung nahe legte, der Irak-Krieg gehe auf das Konto eines kriegslüsternen US- Präsidenten und Deutschland habe die Finger nicht im Spiel, eben: sei nicht beteiligt. Es ist der Widerspruch zwischen Wort und Tat, welcher der Angelegenheit ihre auch zeitgeschichtlich relevante Dimension gibt.
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