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WAZ: Spiel mit dem Feuer - Kommentar von Jürgen Frech

Essen (ots)

Eines steht jetzt schon fest, bevor die Tarifrunde
der Metallindustrie überhaupt ans Eingemachte geht: Mit Ruhm haben
sich Gewerkschaft und Arbeitgeber nicht bekleckert. Es ist nicht zu
verstehen, dass nach drei Verhandlungsrunden noch kein Angebot
vorliegt und ebenso wenig, dass unmittelbar nach Auslaufen der
Friedenspflicht, Schlag zwölf Uhr gewissermaßen, schon die
Warnstreikwelle anläuft. Man hat sie noch im Kopf, die mahnenden
Worte, endlich mal auf die ungeliebten Tarifrituale zu verzichten.
Und doch kommen sie immer aufs Neue. Sie scheinen fest eingeplant.
Beide Seiten, IG Metall und Arbeitgeber, glauben offenbar, dass
ein verhärtetes Verhandlungsklima vorteilhaft ist, um am Ende ein
kluges Ergebnis zu erzielen. Zurzeit jedenfalls stehen sie wie Boxer
im Ring und beobachten sich argwöhnisch. Die IG Metall fürchtet die
Osterferien. Der Grund ist klar: Wer im Urlaub ist, kann nicht
mobilisiert werden. Das wissen auch die Arbeitgeber und spielen
folglich auf Zeit. Dass so ein Schuss auch nach hinten losgehen kann,
zeigen die Warnstreiks, die ja nicht vereinzelt stattfinden, sondern
mächtige Breitenwirkung entfalten. Sie sind zumindest zu diesem
Zeitpunkt überflüssig.
Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser ist fair genug um zuzugeben,
dass die überwiegende Zahl der Firmen ordentliche Ergebnisse
schreibt, dass Aufträge und Investitionen wieder anziehen. Jeder
vierte Metallbetrieb sei allerdings in den roten Zahlen. Daraus
ergibt sich eine ziemlich einfache Rechnung: Viele Betriebe sind
durchaus in der Lage, eine vernünftige Lohnerhöhung zu zahlen und die
anderen brauchen Flexibilisierungsoptionen, um sich wieder
heranzurobben.
Lohnverzicht generell sichert keine Arbeitsplätze, das hat auch
NRW- Ministerpräsident Jürgen Rüttgers betont – und er ist sicherlich
unverdächtig, der IG Metall nach dem Mund zu reden. Das darf
andererseits nicht bedeuten, die Wanne so voll laufen zu lassen, so
dass am Ende alle ersaufen.
Den Rahmen, schwachen Betrieben flexibel zu helfen und auf
tariflichem Weg Luft zu verschaffen, gibt es durchaus. Rund 600
Unternehmen nutzen ihn bereits. Nur: Die Arbeitgeber wollen solche
Vereinbarungen vor Ort mit ihrer Belegschaft treffen und nicht mehr
die IG Metall fragen müsen. Eine Konfrontation auf diesem Feld wäre
aber fahrlässig, denn der Sache diente sie kaum. Die Arbeitgeber
beklagen zwar, dass die Einigung mit der IG Metall aufwändig sei. Den
Vorwurf, dass sich die Gewerkschaft solchen Lösungen bärbeißig
verschließe, erhebt hingegen kaum jemand.
Also erleben wir jetzt mit voller Bewunderung die Warnstreikwelle.
Es gibt Reden, Fahnen und Transparente. „Feuer und Flamme für fünf
Prozent”, lautet die Losung der IG Metall, die damit ihre Forderung
verteidigt. Dass beide Seiten mit dem Feuer spielen, weiß sie genau.

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