Neue OZ: Kommentar zu Medien
Kirche
Papst
Titanic
Osnabrück (ots)
Tabulos
Wahrscheinlich müsste die "Titanic" ihre Papst-Fotos nicht mal verfremden: Wenn Benedikt XVI. auf dem Cover erscheint, ist fromme Wut sicher. Die empörten Katholiken tun dem Heft allerdings zu viel der Ehre, allen voran der Papst selbst mit seiner taktisch dummen Unterlassungsklage. Die inkontinenten Kusslippen-Päpste, mit denen das Magazin in diesem Sommer Auflage macht, sind infantil, sicher auch ehrabschneidend, als Religionskritik sind sie aber vor allem dies: nicht der Rede wert.
Das ist ein Jammer. Selten wurde so intensiv darüber diskutiert, welche Rolle der Glaube in der Gesellschaft spielen soll: Kopftuch-Debatte, Beschneidungsverbot, Vatileaks, Salafismus, Missbrauch, Priesterweihe von Frauen, Kirchenaustritte, kein Tag vergeht, ohne dass über religiöse Themen gestritten würde. An alledem geht die Brachial-Komik sprichwörtlicher Scheißwitze völlig vorbei. Die bloße Provokation, den Papst zu bespucken, ist dabei längst überholt, ganz einfach, weil die Kirche in der öffentlichen Meinung sowieso nicht mehr sakrosankt ist. Vielleicht ist gerade das der Grund, weshalb zum ersten Mal ein Papst gegen die "Titanic" klagt, genau wie die Satiriker leidet auch Benedikt darunter, dass er kein Tabu mehr ist.
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