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Schröder macht Gesundheitspolitik zum Kanzlerthema
Hamburg (ots)
In einem persönlichen Gespräch mit dem GFB-Präsidenten Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg diskutierte Bundeskanzler Gerhard Schröder grundlegende Veränderungen im Gesundheitssystem. Dabei kamen auch Möglichkeiten wie eine Neudefinition des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Implementierung subsidiärer Verantwortlichkeit für den Patienten zur Sprache. Rüggeberg gegenüber dem Online-Nachrichtendienst facharzt.de: "Der Kanzler konnte und wollte sich schon aus Rücksicht auf seine Ministerin natürlich nicht eindeutig festlegen, aber die Bandbreite der Diskussion zeigt die neue Beweglichkeit in der Gesundheitspolitik."
Der Kanzler habe eindeutig zu erkennen gegeben, dass Feinkorrekturen am bestehenden Gesundheitssystem nicht mehr ausreichend seien. "Die in dem Gespräch angestellten Überlegungen kämen einer Übertragung des Rentenmodells auf den Bereich des Gesundheitswesens gleich. Vor diesem Hintergrund wird auch die Wahl der neuen Bundesgesundheitsministerin verständlich, die an der Rentenreform mitgearbeitet hatte", erklärt Rüggeberg gegenüber dem Online-Nachrichtendienst facharzt.de. Schröder habe aber deutlich gemacht, dass in dieser Legislaturperiode keine systemverändernden Gesetze mehr eingebracht werden. Rüggeberg gewann in dem Gespräch mit dem Kanzler den Eindruck, dass sich die Regierung um einen Ausgleich mit den Ärzten bemühen wolle. Doch ändere sich an der gegenwärtigen Situation nichts, auch wenn der Kollektivregress falle, da alles weiterhin unter dem Diktat der Kostenneutralität stehe, mahnte Rüggeberg: "Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat daher keinen Grund, gegenwärtig von ihrem harten Kurs abzurücken." Vor diesem Hintergrund nannte Rüggeberg gegenüber Schröder auch konkrete Forderungen, unter welchen Umständen Ärzte begonnene Aktionen reduzieren oder einstellen: "Wir brauchen ein eindeutiges Signal, daß eine neue Gesundheitspolitik ausgerichtet wird auf Abschaffung aller Budgets, Neudefinition des Umfangs der GKV, Eröffnung neuer Finanzierungswege durch freiwillige Zusatzversicherungen - und damit eine Optimierung der Behandlungsmöglichkeiten und zufriedene Bürger."
Katastrophale Unterfinanzierung
Forderungen wie diese hält Rüggeberg auch deshalb für notwendig, weil sich in der EBM-gesteuerten Honorierung ein Desaster abzeichnet: "Grund dafür ist die zeitliche Verschleppung der EBM-Reform. Kommt die Reform nicht rechtzeitig, müssen auf der Grundlage des alten EBM die Praxisbudgets neu berechnet werden. Entsprechende Sozialgerichtsurteile stehen bevor. Eine Neuberechnung scheint aber faktisch kaum vorstellbar und kostet weit mehr als die Einführung eines neuen EBM." Auf die Frage, warum die Reform zeitlich verschleppt werde, antwortete Rüggeberg gegenüber facharzt.de: "Die Krankenkassen befürchten zurecht, dass der neue EBM die bisherige katastrophale Unterfinanzierung transparent macht, was zu spürbaren Leistungsreduktionen seitens der Ärzte führt, wenn nicht mehr Mittel ins System gestellt werden." Aber nicht nur die Kassen würden eine Aufdeckung der Mangelversorgung fürchten, sondern auch Kanzler Schröder, schätzt Rüggeberg die Situation ein: "Deshalb müssen die Ärzte weiterhin Aktionen fahren, die auf den Mangel hinweisen. Die Situation ist dermaßen verfahren, dass wir den Befreiungsschlag brauchen."
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