Mittelbayerische Zeitung: Pulverfass Nahost
Die Arabische Liga hat in Syrien einen mutigen Weg eingeschlagen - dem sollte sich der Westen anschließen.
Regensburg (ots)
Von Maria Gruber
Ein Horrorszenario wird Wirklichkeit: Im Irak gibt es kurz nach dem Abzug der US-Soldaten ein Blutbad mit mehr als 50 Toten. Schiiten und Sunniten gehen aufeinander los. Der irakische Ministerpräsident Nuri al Maliki betreibt offenbar in Abstimmung mit den neuen Freunden im Iran Klientelpolitik zugunsten der Schiiten im Irak. Der Land ist gespalten, der Zerfall droht - und der Iran gewinnt immer mehr an Einfluss. Im Nachbarland Syrien geht das Regime mit aller Härte gegen Oppositionelle vor, tötet Zivilisten und Deserteure - und das, obwohl Präsident Bashar al-Assad erst vor wenigen Tagen einer Beobachtermission zugestimmt hat, einem Krisenplan der Arabischen Liga, mit dem ein Ende der Gewalt gegen die syrische Protestbewegung erreicht werden soll. In Ägypten werden Demonstranten auch Monate nach dem Fall Husni Mubaraks brutal unterdrückt, Menschen getötet, Bilder einer entkleideten Frau, die von Soldaten misshandelt wird, schockierten die die Welt. Das Militär, das während der Revolution durch die Weigerung, auf Demon-stranten zu schießen, zum Zusammenbruch des Regimes beigetragen hat, zeigt wieder sein altes Gesicht. Nordafrika und der Nahe Osten entwickeln sich zunehmend zum Pulverfass. Instabile Staatengebilde mit ungewisser Zukunft entstehen, Länder, denen Bürgerkrieg und der Zerfall drohen. Eine ganze Region läuft Gefahr, in Brand zu geraten. Der Westen steht diesen Entwicklungen ohnmächtig gegenüber. Zwar konnte die Nato mit ihrem Militäreinsatz in Libyen die Rebellen dabei unterstützen, sich von ihrem Despoten zu befreien. Eine Mission, deren Erfolg und Akzeptanz auch durch die Beteiligung mehrerer arabischer Staaten erhöht wurde. Eine Demokratie ist das Land, das Jahrzehnte lang durch den Unterdrückungsapparat Muammar al-Gaddafis gelitten hat, deswegen allerdings nicht. Dieser Prozess wird ein langer sein. Die Sicherheitslage muss stabilisiert werden, ein gesamter Staat neu aufgebaut werden. Die Ausgangslage in Syrien ist eine andere, weshalb nicht nur die USA sehr zögerlich agieren. Die EU und US-Präsident Barack Obama haben Assad zwar zum Rücktritt aufgefordert, Pläne für ein militärisches Eingreifen wie in Libyen gibt es aber nicht - und das, obwohl der Schutz der Zivilbevölkerung dringend nötig wäre. So sollen seit dem Beginn der Unruhen in Syrien mehr als 5000 Menschen getötet worden sein. Doch Syrien ist eng mit der Sicherheit Israels verbunden. Syrien ist Verbündeter des Irans, beide Staaten unterstützen die antiisraelische Hisbollah im Libanon. Ein militärischer Eingriff des Westens in Syrien könnte - springt der Iran dem Partner Syrien bei - unkontrollierbare Konsequenzen haben. Durch die Nähe der irakischen Schiiten zum Iran könnten sich die Brandherde Irak und Syrien sogar verbinden. Eine weitere, desaströse Eskalation könnte sein, dass Israel seine Drohungen wahr macht und militärisch gegen das iranische Atomprogramm vorgeht. Die Situation in der Region ist brandgefährlich, eine Eskalation allein durch Diplomatie zu verhindern. Die Arabische Liga hat die Initiative in Syrien übernommen und mit dem Ausschluss des Landes einen mutigen Schritt gewagt. Sie hat Sanktionen verhängt und mithilfe der Überzeugungskraft Russlands die Beobachtermission durchgesetzt. Diesen Weg muss die Arabische Liga auch mit Blick auf den Iran und den Irak weitergehen. Der Westen darf sich nicht länger auf Appelle beschränken - und muss Syrien endgültig den Geldhahn zudrehen.
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