Mittelbayerische Zeitung: Amerika muss sich neu finden
Kommentar zu den US-Kongresswahlen
Regensburg (ots)
Es gibt mehrere Verlierer nach den Kongresswahlen: die Demokraten, Barack Obama - und die Vereinigten Staaten selbst. Denn nach den Midterm Elections 2014 hat sich der politische Stillstand, in dem das Land seit Jahren verharrt, zementiert. Wer behauptet, Obama müsse sich in dieser Situation neu erfinden, um irgendwie über die nächsten zwei Jahre zu kommen, hat nur scheinbar Recht. Denn Obama macht seit 2010, als die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, nichts anderes, als Kompromisse zu schließen. Das Problem ist, dass "Kompromiss" im politischen Betrieb zum Unwort vor allem für die Republikaner geworden ist. Nicht Obama muss umdenken. Die USA müssen sich neu finden. Die US-Wähler haben es schon zur Tradition gemacht, ihren Unmut über einen Präsidenten durch ihr Abstimmungsverhalten bei den Zwischenwahlen kundzutun. Barack Obama ist zum Sündenbock gemacht worden für alles, was schief läuft in der US-amerikanischen Politik. Diese Unzufriedenheit ist teilweise auch gerechtfertigt. Außenpolitisch ist Obamas Bilanz vernichtend. Seine innenpolitischen Reformen sind hinter den Erwartungen zurück geblieben - allerdings auch, weil sie auf erbitterten ideologischen Widerstand der Republikaner gestoßen sind. Die Schuld auf den Präsidenten abzuladen, ist so billig wie kurzsichtig. Denn bei allen zu hochfliegenden Plänen und zu großem Idealismus hatte Obama etwas, das seine Gegner bis heute nicht haben: eine Vision für ein anderes, moderneres Amerika. Die Republikaner werden getrieben von einer Gruppe Ultra-Rechter, deren Vorbild die Reagan-Ära ist - also just die Zeit, in der die Grundsteine für die amerikanische Misere gelegt wurden, die Obama zu bekämpfen versuchte. Sie manifestiert sich in horrenden Schulden, einer schwächelnden Wirtschaft, einer maroden Infrastruktur und dem Fehlen sozialer Sicherungssysteme und flächendeckender Gesundheitsvorsorge. Im besten Fall werden Barack Obamas letzte Amtsjahre zum Menetekel dafür, was geschieht, wenn sich Parteien in ihren Schützengräben verschanzen: Ein Land steht still. Im schlimmsten Fall bereiten sie den Boden dafür, eine Partei an die Macht zu bringen, die die Uhren zurückdreht. In jeder Hinsicht.
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