PHOENIX PROGRAMMHINWEIS
Samstag, 22. April 2000
Köln (ots)
Themennachmittag Lateinamerika
Lateinamerika ist mehr als Billigflüge in die "DomRep" und Traumstrände unter Palmen. Die Dokumentationen zeigen einen Kontinent der Gegensätze. Glitzernde Paläste, die Herbergen der Reichen und Schönen auf der einen Seite, Slums, Elend und Armut auf der anderen.
14.45 Uhr Im Land der Gauchos
Don Arce und Don Antonio sind zwei von sieben Gauchos, die auf einer "kleinen" Estancia im Nordosten Argentiniens arbeiten. Sie hüten 3000 Rinder, etliche Schafe, Ziegen und Büffel sowie gut 200 Pferde. Sie bewachen die Herden, treiben die Rinder zur Schädlingsbekämpfung durch tiefe Bäder, setzen die Brandzeichen, reiten wilde Pferde zu - ein harter Job bei Wind und Wetter. Sie erholen sich beim Mate-Trunk, bei Pferderennen und Rodeos. Eine verschworene Gesellschaft. "Wir helfen uns immer gegenseitig", sagt Don Arce.
Felipe ist unter ihnen schon etwas "Besseres", er ist capatas, Vorarbeiter und Stellvertreter des Großgrundbesitzers, der zeitweise weit weg in der Hauptstadt lebt. Aber Felipe ist genauso abhängig vom patrón, dem Farmbesitzer, wie die übrigen Gauchos. Es gibt weit und breit keine andere Arbeit, und sie besitzen nicht einmal ein kleines Stück Land, alles gehört dem patrón. Aber in die Stadt zu ziehen, kommt bestenfalls ihren älteren Söhnen in den Sinn. "Ich brauche die Freiheit. Die Stadt mag ich nicht, ich kann nicht so eingesperrt leben", spricht Felipe den anderen Gauchos aus der Seele.
Dokumentation von Michael Erwin Schmidt
17.00 Uhr Tina Modotti Fotografin, Revolutionärin
Am Abend des 5. Januar 1942 kam in Mexiko City eine Frau unter mysteriösen Umständen zu Tode: Tina Modotti, 45 Jahre alt, von Beruf Fotografin. Tina Modottis Leben war zur Legende geworden. Anfang des Jahrhunderts mit ihren Eltern aus dem norditalienischen Udine in die USA gekommen, nach Los Angeles, dem Sprungbrett so vieler Karrieren, hatte Tina Modotti um 1918 bereits den sagenhaften Aufstieg zur Hollywood-Schauspielerin geschafft. Die Schönheit Modotti genoss den Ruf einer "Femme fatale". 1923 aber ging sie mit dem berühmten Fotografen Edward Weston nach Mexiko. Sie wurde seine Geliebte, sein Modell und bald auch eine viel beachtete Fotografin. Ihre Wohnung in Mexiko City wurde zum Treffpunkt von Künstlern, Schriftstellern und linken Intellektuellen. Hier begann ihr Engagement für die kommunistische Bewegung, in die sie nach ihrer Trennung von Edward Weston vollkommen aufging. 1930 reiste sie über Berlin nach Moskau und wurde dort zu einer der führenden Funktionärinnen der "Roten Hilfe". In ihrem Auftrag und im Auftrag des Geheimdienstes NKWD führte sie gefährliche Missionen im faschistischen Europa durch. Im spanischen Bürgerkrieg spielte sie eine Schlüsselrolle. Zu Beginn der vierziger Jahre war sie wieder in Mexiko. Es ist bis heute unklar, welche Rolle sie beim Attentat auf Leo Trotzki spielte, deutlich wurde nur, dass sie zum Stalinismus auf Distanz gegangen war. Der Film porträtiert Tina Modotti, die Frau hinter der Legende. In Moskau wurden wichtige Dokumente in den Archiven der "Kommunistischen Internationale" gefunden und erstmals veröffentlicht. Dort fanden sich auch lange verschollen geglaubte Fotografien. In Mexiko hat Filmautorin Elisabeth Weyer noch Freunde Modottis aufgespürt, die, heute hochbetagt, Auskunft geben, und in einem italienischen Archiv wurde ein Spielfilm entdeckt.
Dokumentation von Elisabeth Weyer
22.15 Uhr Capone - Szenen einer amerikanischen Karriere
Al Capone wurde schon zu Lebzeiten zur Legende. Hollywood, das eine Menge Geld mit ihm verdiente, hätte ihn nicht besser erfinden können. Also machte man das Vorbild zum Prototyp des Gangsters schlechthin. Gespielt haben ihn Edward G. Robinson, Paul Muni, Rod Steiger, Neville Brand, Jason Robards Jr., Ben Gazzara, Al Pacino und Robert de Niro. Christian Bauers Dokumentation untersucht auf unterhaltsame Weise das Zusammenspiel von Fakten und Fiktionen: Biografische Spurensuche im Chicago von heute, Fotos und Wochenschau-Material, Aussagen und Erinnerungen von Zeitzeugen bilden den dokumentarischen Rahmen für die Stationen einer exemplarischen Karriere im organisierten Verbrechen der USA. Zu Wort kommen u.a. Al "Wallpaper", Wolf, Ex-Agent und der letzte der legendären "Untouchables", Edmund Rooney, Ex-Polizeiinspektor und heute Professor für Journalismus an der University of Chicago, Walter Spirko, Ex-Polizeireporter, der damals die Meldung vom St. Valentine's Day Massacre weitergab und Krimiautor und Mike-Hammer-Erfinder Mickey Spillane.
Al Capone als Protagonist im Genre des Gangsterfilms - das ist die andere Seite der Mythenbildung. Sein Aufstieg zu Macht und Reichtum war die Negativ-Variante der Verwirklichung des amerikanischen Traums. Die Analyse seines beispiellosen Erfolgs und seiner andauernden Popularität als rücksichtsloser Selfmademan und Meister der Selbstdarstellung führt an den Schnittstellen von authentischen Dokumentar- und inszeniertem Spielfilmmaterial zu Übereinstimmungen, Widersprüchen, Irritationen und überraschenden Einsichten.
Dokumentation von Christian Bauer
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