Neue Westfälische (Bielefeld): Lebensmittelskandal Das Ei als Risikofaktor Tanja Tricarico, Berlin
Bielefeld (ots)
Läusegift im Frühstücksei: Klingt nach SuperGAU und ein solcher scheint es vermutlich zu werden. Nahezu täglich kommen weitere Details des neuesten Lebensmittelskandals ans Licht. Der Fund des Insektengifts Fipronil in Eiern hat Einzelhandel und Verbraucherschützer aufgeschreckt. Discounter Aldi hat gleich alle Eier aus den Läden verbannt. Ziemlich sicher werden andere Handelsketten bald nachziehen. Zu groß wäre der Imageschaden, wenn tatsächlich ein Kunde durch ein verseuchtes Hühnerei krank wird. Und die Politik? Der zuständige Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) lässt tagelang nichts von sich hören. Dann muss er zugeben, dass schon zwölf Bundesländer betroffen sind und das Ausmaß der Verbreitung noch lange nicht erfasst ist. Kurz vor der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs kann er einen solchen Skandal kaum gebrauchen. Doch anstatt die Bevölkerung zu beruhigen und für Aufklärung zu sorgen, taucht Schmidt ab. Ein gutes Krisenmanagement sieht anders aus. Und das wird dringend gebraucht. Denn der Fall macht deutlich, wie vernetzt die Warenströme innerhalb Europas sind. Offenbar könnte ein belgischer Chemikalienhändler hinter dem Einsatz des verbotenen Insektengifts stehen. Dieser soll die toxischen Substanzen in Rumänien eingekauft haben. Das Mittel wurde dann in holländischen Hühnerställen eingesetzt. Die niederländischen Händler verkauften die Eier weiter - so nach Deutschland. Warum fiel der Kauf der Chemikalien nicht auf? Wieso versagten Kontrollbehörden? Diese Fragen gilt es schnell zu klären. Gefragt ist dafür ein hartnäckiger Ernährungsminister, der die Aufklärung nicht auf Länder und Experten abwälzt, sondern selbst Druck macht. Schmidt hält sich dagegen bisher bedeckt. Noch ist nicht klar, wie giftig Fipronil für den Menschen ist. In geringen Mengen ist offenbar kein Schaden nachweisbar. Aber Fakt ist auch: Die Verwendung der Substanz ist in der Geflügelzucht verboten. Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass Verbote greifen und Verstöße geahndet werden. Was bisher bekannt ist, scheint nur der Anfang eines handfesten Skandals zu sein. Das Gift könnte nicht nur in Eiern nachgewiesen werden, sondern auch in Produkten, in denen die Hühnereier weiterverarbeitet wurden. In Kuchen, Keksen, Nudeln, in zahlreichen Fertigprodukten werden Eier untergemischt. Aus welchen Chargen sie stammen ist meist nicht mehr nachvollziehbar. Weder Wirtschaft noch Politik dürfen den Skandal aussitzen. Jetzt ist ihr Einsatz für den Schutz der Verbraucher gefragt.
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