Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Nordkorea
Bielefeld (ots)
Der Zeitpunkt für den dritten Atomtest konnte aus Sicht Nordkoreas kaum besser gewählt sein. Das Regime in Pjöngjang provozierte damit den scheidenden Führer Südkoreas Lee Myung-bak und sandte dessen moderateren Nachfolger Park Geun-hye eine deutliche Warnung. Gleichzeitig demonstriert Kim Jong Un am Vorabend der jährlichen »State of the Union«-Rede des amerikanischen Präsidenten Stärke gegenüber den USA. Das Weiße Haus hatte damit gerechnet und bereits eine vorgefertigte Reaktion in der Schublade. Darin werden in routinierter Empörung neue Sanktionen und eine weitere Isolierung des verarmten Landes angedroht. Der Schlüssel für echten Druck auf die Steinzeitkommunisten liegt allerdings nicht in Washington, sondern in Peking. Nur wenn die Chinesen bereit sind, Nordkorea den Ölhahn abzudrehen und die Lieferung anderer Versorgungsgüter einzustellen, tut das internationale Embargo wirklich weh. Bisher war der Volksrepublik Stabilität im Nachbarland aber wichtiger als Sanktionen mit Biss. Unbeabsichtigt illustriert der Atomtest Barack Obamas neue Abrüstungsinitiative, die er in der Nacht zu heute in der »Rede zur Lage der Nation« vorstellen wollte. Der Friedensnobelpreisträger plant, in Verhandlungen mit Russland das Arsenal an strategischen Nuklear-Sprengköpfen um bis zu einem weiteren Drittel abzuschmelzen. Damit blieben noch immer etwa 1000 Atomwaffen übrig, die auf Minuteman-III-Raketen, aus U-Booten und an Bord von Langstreckenbombern gegnerische Ziele ins Visier nehmen können. Mehr als genug, die sogenannte Nuklear-Triade aufrecht zu erhalten, auf der die amerikanische Atom-Strategie beruht. Nordkorea galt Sicherheitsexperten der US-Regierung lange als Paradebeispiel für den kaum vorhandenen strategischen Wert überwältigender Überlegenheit mit Atomwaffen. Pjöngjang änderte deshalb weder sein Verhalten noch verzichtete es auf sein Streben selber eine Nuklearmacht zu werden. Obama knüpft an seine Prager Rede von 2009 an, in der er überzeugend dargelegt hat, warum die Waffen des Kalten Krieges längst ihren Grenznutzen erreicht haben. Das finden übrigens auch die US-Generäle, die das Abschmelzen der Nuklearbestände ausdrücklich befürworten. In Zeiten knapper Kassen geben die Militärs ihr Geld lieber für andere Dinge aus als für kostspielige Waffensysteme, die wie im Fall Nordkoreas keinen erkennbaren Vorteil bringen. Dieser Verlockung kann auch der Präsident jenseits seiner hehren Absichten nicht widerstehen. Der enorme Schuldenberg der USA zwingt - mit oder ohne automatische Ausgabenkürzungen Ende des Monats - mittelfristig zu massiven Einsparungen im Militärhaushalt. So gesehen schlägt Obamas Vorstoß zwei Fliegen mit einer Klappe.
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