"Unternehmen Reisebüro" - die studentische Fluchthilfe nach dem Bau
der Mauer
Spiegel TV-Reportage
Montag, 13. August 2001, 23.15 Uhr
Berlin (ots)
Als in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 Einheiten der Volks- und Bereitschaftspolizei, der NVA und der Kampfgruppen der DDR damit begannen, an den Berliner Grenzübergängen Barrikaden zu errichten und mit Stacheldrahtverhauen die Sektorengrenze abzuriegeln, waren seit 1949 insgesamt 2.850.538 Bewohner der DDR in den Westen geflohen. Etwa die Hälfte kam über Berlin. Dieser Weg war nun versperrt. Als direkte Reaktion auf den Mauerbau gründeten Westberliner Studenten am Abend des 13. August das so genannte "Unternehmen Reisebüro" - die erste und eine der effektivsten Fluchthilfegruppen der 60er Jahre.
Die Geschichte der studentischen Fluchthilfe ist bis heute ungeschrieben. Für den Osten galten diese Studenten als feindliche Terroristen, im Westen wurden ihre Aktionen, da teilweise illegal, als suspekt angesehen. Neben der Organisation von Protestdemonstrationen, Sprengstoffanschlägen auf Grenzanlagen und der Störung des S-Bahn-Verkehrs konzentrierten sie sich auf Fluchten und Schleusungen. Weil die Sektorengrenze immer weiter ausgebaut wurde, gelangen solche Vorhaben nur noch mit List, Todesmut und mit westlicher Hilfe. Einige unterirdische Fluchtwege in der Kanalisation wurden regelrecht markiert, wie zum Beispiel die "Glockengasse 4711". Ende September grub das "Unternehmen Reisebüro" den ersten Fluchttunnel. Er war 25 Meter lang und endete unter einer Grabplatte eines Ostberliner Friedhofes. Dreiundzwanzig Menschen gelang innerhalb von 14 Tagen so die Flucht. Insgesamt verhalf das "Unternehmen Reisebüro" in den ersten sieben Monaten nach Mauerbau über fünftausend Menschen zur Flucht.
In den Jahren 1963/64 zogen sich die Aktivisten der ersten Stunde auf Grund der zunehmenden Kommerzialisierung der Fluchthilfe aus dem Geschäft zurück. Über ihr damaliges Tun schweigen sie. Für die geplante Dokumentation ist es gelungen, einige der damals bekanntesten Protagonisten zu bewegen, ihr Schweigen zu brechen. Darüber hinaus wurden bei den Recherchen bislang unveröffentlichte Amateurfilmaufnahmen gefunden, die die Aktivitäten des "Unternehmen Reisebüro" eindrucksvoll dokumentieren.
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