Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit befasst sich mit Zuwanderungspolitik
Nürnberg (ots)
In seiner Sitzung am 10. und 11. Mai in Pforzheim hat sich der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit (BA) unter anderem mit der Frage einer deutschen Zuwanderungspolitik befasst und dabei das beiliegende Positionspapier verabschiedet. Im Rahmen einer Pressekonferenz erläuterten der Vorsitzende, Christoph Kannengießer von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, die stellvertretende Vorsitzende, Dr. Ursula Engelen-Kefer vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,Dr. Werner Tegtmeier, die gemeinsame Position.
Der aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie Repräsentanten der öffentlichen Hand zusammengesetzte Vorstand der BA tagt einmal im Jahr in einem Landesarbeitsamtsbezirk, um sich vor Ort über regionale Besonderheiten der Arbeitsmarktlage zu informieren sowie entsprechende Informationen und Erfahrungen auszutauschen.
Bundesanstalt für Arbeit Mai 2001 - Vorstand -
Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Rahmen einer neuen Zuwanderungspolitik
Der Vorstand der BA hat sich in seiner Sitzung am 10. - 11. Mai 2001 mit den Fragen einer neuen Zuwanderungspolitik und den Aufgaben der BA in diesem Kontext befasst. Er hat dabei unter Hinweis auf die in Kürze vorzulegenden Vorschläge der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" die Erwartung ausgesprochen, dass die ersten notwendigen Schritte für eine neue Zuwanderungspolitik möglichst schnell umgesetzt werden. Dabei sind die in der Selbstverwaltung vertretenen Gruppen - trotz zum Teil unterschiedlicher Positionen in einer Reihe von mit der Zuwanderungspolitik verbundenen Fragen - gemeinsam der Auffassung, dass eine grundlegende Neuorientierung in den Bereichen Integration und Migration von Zuwanderern angezeigt ist.
Arbeitsmarkt und Zuwanderung In bestimmten regionalen und berufsfachlichen Teilarbeitsmärkten sind seit einiger Zeit Anspannungen, zum Teil sogar Engpässe, zu beobachten, die nicht immer aus dem inländischen Arbeitsmarkt und aus dem der Europäischen Union (EU) ausgeglichen werden konnten. Der Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte ist hier beispielhaft zu nennen; das Sofortprogramm der Bundesregierung (Green-Card Regelung) hat die BA in den Stand gesetzt, in einem einfachen Verfahren die Beschäftigung von Drittstaats-Angehörigen zuzulassen. Zugleich wurde eine Aus- und Weiterbildungsoffensive der IT-Wirtschaft und ergänzende Maßnahmen der Arbeitsämter und der Hochschulen zur besseren Qualifizierung der inländischen Bevölkerung ergriffen.
Im Zuge der zu erwartenden demographischen Entwicklung und der sichtbaren Trends steigender Qualifikationsanforderungen ist - insbesondere nach 2010 - über die kommenden Jahrzehnte mit einer Verschärfung von Engpässen auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt zu rechnen. Um die Wachstumskräfte der deutschen Wirtschaft zu stärken und einen Beitrag zur Sicherung des Sozialstaates zu leisten, bedarf es künftig mehr als bisher einer gesteuerten arbeitsmarktorientierten Zuwanderung. Die negativen Effekte einer schrumpfenden und alternden inländischen Erwerbsbevölkerung können damit abgemildert werden.
Im Hinblick auf die Herausforderung des Arbeitsmarktes verdienen aus Sicht des Vorstandes der BA insbesondere folgende Erwägungen Beachtung:
Arbeitsmarktbezogene Zuwanderung muss in Einklang gebracht werden mit dem Ziel des Abbaus der Arbeitslosigkeit und der besseren beruflichen Integration von Problemgruppen des Arbeitsmarktes.
Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung sind mit Blick auf Arbeitskräftelücken und die demografische Entwicklung unverzichtbar. Neben der Reduzierung der Arbeitslosigkeit spielt eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen durch Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer eine zentrale Rolle.
Die gesellschaftliche und berufliche Integration von Zuwanderern ist ein entscheidender Gradmesser einer erfolgreichen Zuwanderungspolitik.
Steuerung der Zuwanderung Der Vorstand der BA hält es für erforderlich, dass das neue Zuwanderungsrecht den Weg zu einer gezielten arbeitsmarktorientierten Zuwanderung öffnet. Sinnvoll erscheint insbesondere die Zuwanderung von Personen, die aus qualifikatorischen Gründen einen Beitrag dazu leisten können, die zukünftige Arbeitskräftenachfrage zu befriedigen und zusätzliche Beschäftigungsperspektiven auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Kurzfristig wird sich der Bedarf in einem begrenzten Rahmen halten. Mittel- und langfristig wird er deutlich anwachsen. Die Möglichkeit zum dauerhaften Aufenthalt in Deutschland aufgrund arbeitsmarktorientierter Zuwanderung sollte eröffnet werden, wenn die Voraussetzungen für eine langfristige Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt vorliegen.
Gleich welcher Gruppe zugehörig, sollte über die Erfüllung von Kriterien - z.B. nach einem Punktesystem - das Hineinwachsen in Daueraufenthalte ermöglicht werden. Die Entscheidung über Obergrenzen und über die Kriterien der Auswahl von Zuwanderern ist politischer Natur. Sie muss unter Berücksichtigung arbeitsmarktlicher Bedürfnisse getroffen werden.
Dabei sollte die Entwicklung der Zuwanderung durch regelmäßige Beobachtung der Arbeits-, Ausbildungs- und Weiterbildungssituation im Rahmen eines Monitorings unter Beteiligung der Sozialpartner geprüft werden. Eine Beschäftigung darf entsprechend der bereits heute geltenden Rechtslage nur zu vergleichbaren Arbeitsbedingungen wie für inländische Arbeitskräfte zugelassen werden.
Arbeitsmarktorientierte Zuwanderung ist Aufgabe der BA Die Anwerbung, Vermittlung und Zulassung ausländischer Arbeitnehmer für die Beschäftigung in Deutschland ist seit 1927 eine gesetzliche Aufgabe der früheren Reichs- und heutigen Bundesanstalt für Arbeit. So hat die BA allein zwischen 1956 bis 1973 rd. 2,4 Mio. ausländische Arbeitnehmer aus den Anwerbeländern ausgewählt und vermittelt. Auch in den Jahren nach dem Anwerbestopp (1973) hat sie die arbeitsmarktorientierte Hereinnahme ausländischer Arbeitnehmer organisiert; allein im Jahr 2000 waren dies rd. 350.000 Kräfte. Die BA hat mit 13 ausländischen Arbeitsverwaltungen Vermittlungsabsprachen über Saisonarbeitnehmer abgeschlossen und führt für die Bundesregierung zahlreiche Regierungsvereinbarungen über die Zulassung von Gast- und Werkvertragsarbeitnehmern durch.
Mit der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) verfügt sie seit 1954 über ein "Auslandsamt", das für die zwischenstaatliche Arbeitsvermittlung zuständig ist. Dies waren im Jahre 2000 ohne Saison- und Werkvertragsarbeitnehmer allein rd. 45.000 Fälle der Arbeitsvermittlung. Seit 1997 ist in der ZAV eine zentrale Zulassungsstelle für den internationalen Personalaustausch eingerichtet (2000 = 6.000 Zulassungsfälle). Seit Anfang der 90'er Jahre werden über sie im Jahresdurchschnitt rd. 10.000 ausländische Studenten in Ferienbeschäftigungen vermittelt.
Für die arbeitsmarktliche Zuwanderung verfügt die BA damit seit langer Zeit über alle organisatorischen Strukturen, internationale Verbindungen und Netzwerke für eine erfolgreiche und IT-gestützte Umsetzung der zwischenstaatlichen Aufgaben. Auch die pragmatische und schnelle Durchführung des IT-Fachkräfteprogramms (Green-Card Regelung) war nur auf Grund der gewachsenen Strukturen in der BA möglich.
Die BA ist nach dem EU-Gemeinschaftsrecht in das europäische Arbeitsmarkt- ausgleichs- und Informationssystem EURES (European Employment Services) eingebettet und beteiligt sich mit 50 EURES-Beratern an diesem EU-weiten Netzwerk. Darüber hinaus sind bei einer Reihe von Arbeitsämtern Europäische Berufsberatungszentren (EBZ) eingerichtet.
Der Vorstand der BA bekräftigt daher seine Auffassung, dass die Organisation und Durchführung der arbeitsmarktorientierten Zuwanderung auf Grund der ausgewiesenen Fachkompetenz auch im Rahmen einer künftigen Migrationspolitik im federführenden Zuständigkeitsbereich der BA liegen sollte. Die BA hat dafür eine flächendeckende Infrastruktur mit über 800 Dienststellen und gewährleistet durch die auf allen Verwaltungsebenen vorhandene Selbstverwaltung die Einbindung der auf dem Arbeitsmarkt handelnden Akteure. Auf der Grundlage transparenter gesetzlicher Regelungen sieht sie sich in der Lage, ein kundenfreundliches Verfahren sicherzustellen und in enger Abstimmung mit anderen am Migrationsgeschehen beteiligten Einrichtungen abschließend zu entscheiden.
Integration in den Arbeitsmarkt Die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer muss mit geeigneten Maßnahmen der sozialen, sprachlichen und beruflichen Integration begleitet werden. Auch Maßnahmen der beruflichen und sozialen Integration der bereits in Deutschland lebenden Ausländer müssen verbessert werden.
Die Sprachkursförderung für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen wird derzeit mit dem Zeitziel 1.1.2002 neu organisiert. Es ist beabsichtigt, für Zuwanderer ein effektives Angebot zu schaffen, das in den ersten drei Jahren der Zuwanderung verfügbar ist. Die Förderung wird über den Sprachverband e.V., Mainz, erfolgen, der 1974 vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) und der BA gegründet wurde. Im Sprachverband wurde u.a. ein modernes berufs- und arbeitsmarktorientiertes Sprachkursangebot entwickelt, das als Vorstufe für berufliche Bildungsmaßnahmen zur Verfügung steht. Im Jahr 1999 wurden 67.300 Ausländer über den Sprachverband gefördert, davon waren rd. 1/3 arbeitslos.
Der Integration in den Arbeitsmarkt dienen die Maßnahmen der Arbeitsförderung, die beitragsfinanziert das Regelangebot der BA auch für ausländische Arbeitneh-mer und jugendliche Berufsanwärter darstellen. Die wichtigsten Integrationsmaß-nahmen im Jahre 2000 waren:
141.200 Arbeitsvermittlungen, diese Zahl entspricht 30% der arbeitslosen Ausländer (458.300), die ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung beendet haben und 14% aller Abgänge aus Arbeitslosigkeit durch Vermittlung der BA
46.000 Eintritte in berufliche Bildungsmaßnahmen (= 13,8% aller Eintritte) 44.800 Eintritte in berufliche Trainingsmaßnahmen (das sind 9,4% aller Eintritte) 9.700 Eintritte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (knapp 13% aller Eintritte) 72.000 Bewerber für Berufsausbildungsstellen wurden von der Berufsberatung betreut (1998/99 = 80.300 Bewerber) 18.100 Jugendliche sind in berufsvorbereitende Maßnahmen eingetreten 10.400 Jugendliche haben Unterstützungen der ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) begonnen 3.200 erhielten Berufsausbildungen in außerbetrieblichen Einrichtungen 12.200 Jugendliche wurden im Rahmen des Jugendsofortprogramms gefördert.
Ab 1983 wurde innerhalb der BA ein spezieller Beratungsdienst für ausländische Ratsuchende aufgebaut, der ab 1997 als so genannte Mobilitätsberatung sowohl Integrations- wie auch Reintegrationsberatung anbietet. Diese Mobilitätsberatung wird seit 2000 als Migrationsdienst der BA weiterentwickelt. Der Migrationsdienst steht als Anlaufstelle in rd. 600 Geschäftsstellen und 181 Arbeitsämtern zur Verfügung. Für eine effiziente Integrationsarbeit auf regionaler Ebene kommt der Netzwerkbildung besondere Bedeutung zu. Die Beratungsstellen und Migrationsteams sollen dabei als so genannte Migrationslotsen auf die Kompetenz anderer Stellen aufmerksam machen und deren Beratungsergebnisse wiederum in die eigene Arbeit integrieren.
Der Vorstand der BA bekräftigt, dass auch in Zukunft die berufliche Integration von Migranten im Rahmen der Aufgaben der BA einen hohen Stellenwert hat. Integrationsangebote sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dies gilt auch für die Finanzierung.
Wissenschaftsarbeit Mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) steht der BA ein wissenschaftliches Institut zur Verfügung, dass entsprechende Politikberatung anbietet. Das gilt auch für Forschungen im Migrationsbereich. Auch auf diesen Feldern bestehen also bereits Strukturen, die einer arbeitsmarktorientierten Zuwanderung den wissenschaftlichen Unterbau geben können. Die BA wird diese Kapazitäten zur Stärkung der Migrationsforschung einbringen.
Eine Gesamtübersicht der bisher erschienenen Presseinformationen der Bundesanstalt für Arbeit finden Sie im Internet unter http://www.arbeitsamt.de/hst/services/presseinfo/index.html
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