Chance verpasst! NRW-Verordnung zum öffentlichen Einkauf kann Ausbeutung mit Steuergeldern nicht wirksam verhindern
Düsseldorf/ Münster (ots)
Ein Jahr nach der Verabschiedung des Tariftreue- und Vergabegesetzes (TVgG) Nordrhein-Westfalen tritt am 1. Juni 2013 die dazugehörige Verordnung in Kraft. Mit dieser Verordnung setzt das Bundesland NRW sein festgeschriebenes Ziel, aktiv für eine sozial und ökologisch gerechte Vergabepraxis Sorge zu tragen, nicht konsequent um, kritisiert das Bündnis für öko-soziale Beschaffung NRW, in dem sich entwicklungspolitische Organisationen, Verbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen haben*. Rund 50 Milliarden Euro gibt das einkaufsstärkste Bundesland jährlich durch Land, Städte, Gemeinden und Landschaftsverbände für Waren und Dienstleistungen aus. Diese beachtliche Summe stellt eine Einkaufsmacht dar, die einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung globaler Arbeits- und Menschenrechte sowie zum Klima- und Umweltschutz leisten könnte.
Doch die neue Verordnung bleibt hinter den gesetzlichen Möglichkeiten zurück, da sie keine Überprüfung der Einhaltung grundlegender Menschen- und Arbeitsrechte bei der Herstellung von Produkten im globalen Süden vorsieht. So können BieterInnen die Einhaltung von öko-sozialen Standards schlicht zusichern, ohne dass diesen Selbsterklärungen eine Überprüfung durch öffentliche BeschafferInnen in den Kommunen und in den Ministerien folgt. Verbrauchertäuschungen, Lebensmittelskandale und Fabrikbrände der letzten Jahre zeigen jedoch deutlich, dass bloße Verlautbarungen von Unternehmen nicht ausreichen. "Diese Handhabung spielt Unternehmen und Verbänden in die Hand, die sich ihrer Verantwortung entziehen, und schadet den Unternehmen, die ihre Herstellungsbedingungen einer unabhängigen Kontrolle unterziehen", erklärt Angela Schmitz vom Eine Welt Netz NRW. "Dabei gibt es in vielen Branchen schon glaubwürdige Nachweise zur Einhaltung von würdigen Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern sowie verantwortungsvoll handelnde Unternehmen."
Das Bündnis hält es für kurzsichtig, dass laut neuer Rechtsverordnung die Einhaltung von internationalen Arbeitsrechten nur beim letzten Produktionsschritt eingefordert werden muss, bevor das Produkt in die EU eingeführt wird. Würde das Etikett eines Kleidungsstücks in einem europäischen Land eingenäht oder ein Computer in Deutschland abschließend mit Software bespielt, wäre die Überprüfung der ILO-Kernarbeitsnormen hinfällig.
"In einer Zeit, in der Produkte wie Computer oder Arbeitsbekleidung eine Weltreise hinter sich haben, bevor sie in der Verwaltung zum Einsatz kommen, ist eine derart nachlässige Regelung skandalös", findet Johanna Fincke von der Christlichen Initiative Romero. "Eine Beschaffungspraxis, die keine Rücksicht nimmt auf die früheren Produktionsschritte, in denen in der Regel die meisten Rechtsverletzungen vorkommen - wie etwa beim Rohstoffabbau in Minen oder bei der Konfektionierung von Kleidungsstücken - kann nicht als nachhaltig bezeichnet werden."
Das Bündnis für öko-soziale Beschaffung NRW macht sich dafür stark, dass die Rechtsverordnung hier schnellstmöglich hinsichtlich zu überprüfender und verbindlicher Standards nachgebessert wird. Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass eine nachhaltige Beschaffung in NRW in der Vergabepraxis endlich Realität wird.
* Folgende, dem Bündnis für öko-soziale Beschaffung NRW zugehörige, Organisationen zeichnen diese Pressemitteilung mit (alphabetische Reihenfolge): AllerWeltHaus Hagen e.V., Allerweltshaus Köln e.V., Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung - Regionalstelle, Christliche Initiative Romero, DGB Bezirk NRW, Eine Welt Forum Aachen e. V., Eine Welt Forum Essen, Eine Welt Netz NRW e.V., Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. (FUgE), Gemeindedienst für Mission und Ökumene der EkiR,/Westliches Ruhrgebiet (GMÖ), Informationszentrum 3. Welt Dortmund e.V. (iz3w), Kampagne für Saubere Kleidung (CCC), TransFair - Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der "Dritten Welt" e.V./ Fairtrade Deutschland, Vamos e.V. Münster, ver.di Landesbezirk NRW, Verein für soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen e.V, WEED e.V.
Pressekontakt:
Johanna Fincke, Christliche Initiative Romero (CIR) Münster,
Tel: 0251- 89503, E-Mail: fincke@ci-romero.de
Angela Schmitz, Eine Welt Netz NRW, Düsseldorf, Tel: 0211-87592-779,
E-Mail: angela.schmitz@eine-welt-netz-nrw.de
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