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Mit Tauchgemeinschaft Hitzewellen im Mittelmeer erforschen

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Mit Tauchgemeinschaft Hitzewellen im Mittelmeer erforschen

Schlagzeile im Frühsommer 2024: Die Oberflächentemperatur des Mittelmeeres liegt deutlich über den Werten des Vorjahres. Ein neues, am MARUM koordniertes Projekt will jetzt systematisch Daten für eine Bestandsaufnahme erfassen. Dabei setzen die Forschenden auf Bürgerwissenschaftler:innen, die ihr Hobby im Wasser ausüben und aus Sicherheitsgründen immer einen Minicomputer dabeihaben: Taucherinnen und Taucher.

Ziel ist es, Taucherinnen und Taucher anzuregen, ihre Daten nicht nur für sich zu speichern, sondern sie über ein Portal zu teilen. „Jede tauchende Person nutzt einen speziellen kleinen Computer, der in der Regel am Handgelenk befestigt wird. Mithilfe unseres Konzepts der kalibrierten Tauchstation werden Freizeit- und Berufstaucher:innen zu Bürgerwissenschaftler:innen, indem es ihren Tauchcomputer in ein wissenschaftliches Instrument verwandelt“, erklärt Dr. Christophe Galerne vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen.

„Divers for Ocean Temperature – Coastal temperature database for monitoring ocean surface water past and present“, kurz BlueDOT (übersetzt: Taucher für Ozeantemperatur – Küstentemperaturdatenbank zur Überwachung des Oberflächenwassers der Ozeane in Vergangenheit und Gegenwart) heißt das neue Projekt. Koordiniert wird es am MARUM – Zentrum für Marien Umweltwissenschaften der Universität Bremen, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Citizen Science-Projekt. Geleitet wird es von Dr. Christophe Galerne vom MARUM, Dr. Rebecca Zitoun vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Prof. Achim Kopf vom MARUM und Arne Schwab von SchwaRTech, offizieller Industriepartner des Projekts.

Verständnis für Temperaturanstieg durch Datenanalyse

Mit BlueDOT verbindet Galerne seine wissenschaftliche Arbeit und seine Leidenschaft mit seinem Hobby. „In den vergangenen fünf oder sechs Jahren haben uns Taucher von Temperatur-Anomalien berichtet, die auf eine bedrohliche Hitzewelle im Mittelmeer hindeuten. Erstaunlicherweise wird dies von den heutigen Überwachungssystemen nicht erfasst. Erst im Frühjahr 2023 zeigte die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu früheren Aufzeichnungen. Um zu verstehen, was derzeit weltweit und im Mittelmeer passiert, müssen wir mehr Daten analysieren. Das Sammeln von Daten aus Tauchcomputern ermöglicht genau das, und darüber hinaus können wir auch analysieren, was in der Vergangenheit geschehen ist. Nur so können wir herausfinden, was genau die Hitzewellen verursacht und wie die Auswirkungen eingedämmt werden können“, sagt Galerne.

Ähnliche Datensammelprojekte gibt es für die Wasseroberfläche, etwa mit Surfboards. Dafür wird eine so genannte „Smart Fin“, eine intelligenten Finne, am Board befestigt, die bestimmte Parameter an der Wasseroberfläche erfasst. „Unser Projekt geht weiter und in die Tiefe, und zwar rund 40 Meter“, betont Galerne. Jeden Tag tauchen Menschen an Tauchbasen in Mittelmeer ab. „Mit ihren Daten können wir eine große Lücke im heutigen Überwachungssystem schließen.“

Rebecca Zitoun vom GEOMAR ergänzt: „Tauchcomputerdaten sind bereits online verfügbar, und wir haben eine große Menge an historischen Daten , die wir nutzen können. Unser Projekt wird auf diese historischen Daten zugreifen und neue Daten sammeln, um zu analysieren, was über einen Zeitraum von 20 Jahren mit den Wassertemperaturen im Mittelmeer geschehen ist und wie sich der Trend in Zukunft entwickeln könnte.“ Solche Daten seien wichtig für Klimamodelle, Risikobewertungen für Regierungen und Gemeinden sowie für die Bevölkerung, um informierte Entscheidungen treffen zu können.

In der Praxis sieht es so aus: Nach jedem Tauchgang werden die Daten des kallibrierten Tauchcomputers zu Ort, Zeit, Druck und Temperatur auf einen PC oder Laptop übertragen. Hier setzt das Projekt BlueDOT an, für das Galerne und seine Kolleg:innen ein Portal programmieren, in dem Tauchdaten unabhängig von der Tauchcomputer-Marke hochgeladen und verarbeitet werden. Die Daten werden dann vom Analyseteam für die Wissenschaft aufbereitet.

Erfolgreich beim Innovationssprint

Das Team hat sich mit seinem Vorhaben bei einem so genannten Innovationssprint der Förderrichtlinie DATIpilot beworben. Von rund 3.000 Anträgen fördert das BMBF nun 300 technologische und soziale Innovationsprojekte, die Lösungen für aktuelle Herausforderungen bieten und einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Unterstützt wurde das Team dabei von UniTransfer der Universität Bremen.

Das Projekt startet im Dezember mit zwei Tauchstandorten im Mittelmeer: An der Costa Brava und auf der maltesischen Insel Gozo werden jeweils eine Kalibrierungsstation für die Tauchcomputer aufgestellt. Hier werden die Taucherinnen und Taucher eingewiesen, so dass die Daten auch qualitativ hochwertig sind. 18 Monate sammeln die Bürgerwissenschaftler:innen Daten, anschließend werden sie analysiert. Ausgesucht wurden diese beiden Standorte auf Basis der Erfahrungen, die Taucher:innen in den vergangenen Jahren gemacht haben.

Aktuell arbeitet das Team mit Kooperationspartner:innen an den Sensoren und den am Meeresboden verankerten Bojen, die stationär Temperaturen aufzeichnen und als Referenzstation für die Tauchcomputer dienen, sowie an der Datenbank und dem Portal zum Hochladen der Daten. Außerdem erstellen sie einen Leitfaden für Datenstandards und Arbeitsabläufe für die Bürgerwissenschaftler:innen. „Die Entwicklung von gemeinschaftsbasierten Verfahren für die Erhebung, Verwaltung, Speicherung und Nutzung von Tauchdaten ist ein wichtiger Teil des Projekts. Dadurch stellen wir sicher, dass alle dieselben Methoden anwenden, wenn sie zum Projekt beitragen. Damit schaffen wir Vertrauen in unsere Daten , damit sie für wissenschaftliche Modellierungen verwendet werden können“, betont Zitoun.

Und natürlich wird das Team den Kontakt mit Taucher:innen auf Malta und an der Costa Brava suchen, um sie für das Wissenschaftsprojekt zu gewinnen. „Wir brauchen engagierte Einzelpersonen und Tauchzentren, die uns bei dieser Arbeit unterstützen. Daher sind unsere geplanten Ocean Literacy-Kampagnen und Workshops ein wesentlicher Bestandteil von BlueDOT. Engagierte Bürger:innen können durch ihren Beitrag helfen, Lösungen zu finden, denn Wissenschaftler:innen allein können die Probleme nicht lösen. Deshalb werden Bürgerwissenschaftsprojekte wie unseres immer wichtiger“, sagt Zitoun.

Schon jetzt können Taucherinnen und Taucher ihre Daten aufzeichnen und später übertragen, sobald die App dafür programmiert ist. „Wir möchte zuerst Menschen lokal ansprechen, die besonders oft und bei jedem Wetter tauchen“, betont Galerne. Das würde ein so genanntes „Sampling Bias“ vermeiden – dass zum Beispiel mehr Tauchgänge im Sommer absolviert werden und bei Reiseeinschränkungen sowie im Winter entsprechend weniger. Dabei sei gerade das Tauchen in den Wintermonaten besonders wichtig, um eine kritische Datenmenge pro Monat für alle Breitengrade erreichen zu können. Dem Team ist es ein Anliegen, die Tauchcommunity mit einzubinden, auch nach der Datensammelphase – schließlich ist das Wasser ihr Element.

Weitere Informationen:

Förderlinie DATIpilot des BMBF: https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/datipilot/datipilot_node.html

Pressemitteilung der Universität Bremen: https://www.uni-bremen.de/universitaet/hochschulkommunikation-und-marketing/aktuelle-meldungen/detailansicht/transfer-foerderung-datipilot-universitaet-bremen-mehrfach-erfolgreich

Fragen beantworten:

Dr. Christophe Galerne

MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften

Fachbereich Geowissenschaften

Universität Bremen

E-Mail: cgalerne@marum.de

Prof. Achim Kopf

MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften

Fachbereich Geowissenschaften

Universität Bremen

E-Mail: akopf@marum.de

Dr. Rebecca Zitoun

GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

E-Mail: rzitoun@geomar.de

Arne Schwab

Schwab Research Technology (SchwaRTech)

E-Mail: aschwab@schwartech.de

Universität Bremen
Hochschulkommunikation und -marketing
Telefon: +49 421 218-60150
E-Mail:  presse@uni-bremen.de

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