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Unerwartete Auswirkungen der Gletscherschmelze auf arktische Küstenökosysteme

Unerwartete Auswirkungen der Gletscherschmelze auf arktische Küstenökosysteme
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In arktischen Fjorden erhöht Gletscherschmelze, die durch den Klimawandel verursacht wird, den Schwermetallgehalt und verändert das Mikrobiom von lebensraumbildenden Braunalgen. Das haben Forschende der Universität Bremen herausgefunden und in Scientific Reports veröffentlicht. Da Algen die Grundlage des Nahrungsnetzes bilden, kann dies kaskadenartige ökologische und auch wirtschaftliche Folgen haben.

In einem interdisziplinären Kooperationsprojekt der EU-Projekte FACE-IT, ECOTIP und SEA-Quester haben die Wissenschaftler:innen die Folgen des Klimawandels in der Arktis untersucht. In ihrer Studie konzentrierten sie sich auf eine Gruppe von Organismen, die die Grundlage der arktischen Küstenökosysteme bilden – braune Makroalgen, so genannte Kelps, die dichte und ausgedehnte Unterwasserwälder entlang felsiger Küsten bilden. Die ökologische Rolle von Kelps kann mit der von Bäumen an Land verglichen werden: Sie bieten Nahrung, Lebensraum und Kinderstube für eine Vielzahl von Organismen und erhalten so komplexe Ökosysteme. Die Forschenden haben untersucht, wie sich der Klimawandel auf Kelps auswirkt, um Rückschlüsse auf die ökologischen und auch sozioökonomischen Folgen ziehen zu können. Ihre Ergebnisse haben Sarina Niedzwiedz und Kai Bischof von der Universität Bremen und dem MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften sowie ihrem Team von Ko-Autor:innen jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.

Erwärmung lässt den Schmelzwassereinfluss steigen – und beeinflusst Elementkonzentrationen

Die Erwärmung in der Arktis liegt weit über dem globalen Durchschnitt. Infolgedessen schmelzen Schnee, Gletscher und Permafrost. Dadurch steigt der Einfluss von Schmelzwasser in den Fjorden, und es ändern sich viele Wasserparameter drastisch: Die große Menge an Süßwasser verringert den Salzgehalt, eingeschwemmte Schwebstoffe verringern die Lichtverfügbarkeit, und je nach Sediment und organischen Material in dem Schmelzwasser verändert sich die Elementzusammensetzung. Während viele der Elemente, die in die Fjorde gespült werden, als Mikronährstoffe für Kelps fungieren können (zum Beispiel Natrium, Magnesium, Kalium), wurden auch schädliche Elemente wie Schwermetalle (zum Beispiel Cadmium, Blei, Quecksilber) in höheren Konzentrationen gefunden. Die Forschenden sammelten Kelps, der durch unterschiedliche Schmelzwasserintensitäten beeinflusst wurden, und analysierten ihre Elementzusammensetzung. Bei allen untersuchten Elementen fand das Team das gleiche Muster: Mit zunehmender Schmelzwasserintensität steigen auch die Elementgehalte. Im Falle von Quecksilber wiesen stark von Schmelzwasserbeeinflusste Kelps einen um 72 Prozent höheren Quecksilbergehalt auf als Kelpsaus dem Kontrollgebiet.

Mikrobiom verändert sich

Darüber hinaus hat das Team analysiert, wie unterschiedlicher Schmelzwassereinfluss das Mikrobiom von Kelps beeinflussen. Das Mikrobiom ist bedeutend für die ökologische Funktion von Kelps, etwa für seinen Nährwert oder den Stoffkreislauf im Ökosystem. Sie fanden heraus, dass auch das Mikrobiom von dem Schmelzwasser beeinflusst wird.

Beide Klimawandel-bedingten Veränderungen der Kelps haben wahrscheinlich kaskadenartige Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Es wurde bereits gezeigt, dass die Aufnahme von mit Metallen verunreinigten Kelps negative Auswirkungen auf Fressfeinde hat, wie zum Beispiel eine verminderte Entwicklung, ein geringeres Wachstum oder eine geringere Fortpflanzung. Weiter könnte es zu einer Bioakkumulation schädlicher Elemente im gesamten arktischen Nahrungsnetz kommen, schlussfolgern die Autor:innen. Dies könnte letztendlich auch sozioökonomische Folgen haben. Das hohe Biosorptionspotenzial von Kelp muss bei der Umsetzung von Kelp- Marikulturen in der Arktis berücksichtigt werden. Allerdings könnte die Ernte von Kelps in Fjorden mit hohem Schmelzwassereinfluss und Metallbelastung eine umweltfreundliche Methode für den Gewinn von Seltenen Erden darstellen (Phytomining). Seltene Erden werden zunehmend für Schlüsseltechnologien wie erneuerbare Energien und Elektrotechnik verwendet.

Mehr Informationen:

Originalpublikation:

Niedzwiedz S, Schmidt C, Yang, Y, Burgunter-Delamare B, Andersen S, Hildebrandt L, Pröfrock D, Thomas H, Zhang R, Damsgård B, Bischof K (2024): Run-off impacts on Arctic kelp holobionts have strong implications on ecosystem functioning and bioeconomy. Scientific Reports. 14:30506. Doi: 10.1038/s41598-024-82287-w [https://www.nature.com/articles/s41598-024-82287-w]

Meeresbotanik an der Universität Bremen: https://www.uni-bremen.de/en/marbot

Zum Projekt FACE-IT: www.face-it-project.eu

Fragen beantworten:

Dr. Sarina Niedzwiedz

Meeresbotanik; Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Bremen

E-Mail: sarina@uni-bremen.de

Prof. Dr. Kai Bischof

Meeresbotanik; Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Bremen

MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften

E-Mail: kbischof@uni-bremen.de

Universität Bremen
Hochschulkommunikation und -marketing
Telefon: +49 421 218-60150
E-Mail:  presse@uni-bremen.de

Über die Universität Bremen:
Leistungsstark, reformbereit und kooperativ – das ist die Universität Bremen. Gesellschaftliche Verantwortung ist ihr Leitprinzip seit ihrer Gründung 1971. Sie steht für die weltweit notwendigen sozialen und ökologischen Veränderungen ein, für Demokratie, Vielfalt und Gerechtigkeit. In Forschung, Lehre, Verwaltung und Technik sind der Universität Bremen die UN-Nachhaltigkeitsziele und Klimagerechtigkeit ein besonderes Anliegen. Mit ihrem breiten Fächerspektrum von rund 100 Studiengängen verbindet sie außergewöhnliche Leistungsstärke und großes Innovationspotential mit ausgeprägter Interdisziplinarität. Sie steht nachdrücklich für den Ansatz des Forschenden Lernens und Studierens. Als eine ambitionierte europäische Forschungsuniversität pflegt die Universität Bremen enge Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit. In der Region ist sie Teil der U Bremen Research Alliance und Transferpartnerin für viele Akteure. Als Teil der Europäischen Universitätsallianz YUFE - Young Universities for the Future of Europe leisten die 23.000 Menschen der Universität Bremen einen Beitrag für die Weiterentwicklung der Gesellschaft und gestalten aktiv wissenschaftliche Kooperationen weltweit.


 
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