Schwäbische Zeitung: Ein Drama - nicht zu vermitteln -- Leitartikel
Leutkirch (ots)
Was für eine Ernüchterung! Es ist genau zwölf Monate her, da beschwor Barack Obama die Vision eines unabhängigen palästinensischen Staates, der Mitglied der Vereinten Nationen wird. Nicht irgendwann, sondern schon im September 2011. Nun werden es womöglich US-Diplomaten sein, die ihr Veto gegen einen solchen Staat einlegen, wenn die Palästinenser die Mitgliedschaft in der UN beantragen. Eine kalte Dusche.
Ausgerechnet jener amerikanische Präsident, der den Westen mit der arabischen, der islamischen Welt aussöhnen wollte, steht vor einem Scherbenhaufen. Die nahöstlichen Friedensverhandlungen, vom Weißen Haus mühsam in Gang gebracht, finden nicht mal mehr pro forma statt. Schlimmer noch, es drohen Brücken zu brechen, die über Jahrzehnte gehalten haben. Aus Kairo mussten israelische Diplomaten fliehen, aus der Türkei wurde der Botschafter Israels hinausgeworfen, aus Jordanien aus Angst vor Ausschreitungen eilends abgezogen.
Wie so oft steht Obamas große Rhetorik in scharfem Kontrast zu den mageren Ergebnissen. Allerdings wäre es Unsinn, das Dilemma in erster Linie dem entzauberten Hoffnungsträger in die Schuhe zu schieben. Der US-Präsident, ausgestattet mit den Reflexen eines Schlichters, hat lange versucht, die verhärteten Fronten zu lockern. Nicht nur Netanjahu ließ ihn auflaufen. Auch die konservative Mehrheit im eigenen Kongress zog ihm die Beine weg, indem sie dem israelischen Premier demonstrativ den Rücken stärkte.
Noch etwas macht das UN-Drama um Palästina deutlich: Der Einfluss der USA in der Krisenregion ist nicht mehr das, was er einmal war. Zwar vertraut Israel keinem anderen Vermittler wirklich. Doch fürs Erste signalisieren die Palästinenser, wie wenig Wert sie noch auf Obamas Rat legen. Ihr Präsident Mahmud Abbas will den UN-Sitz beantragen, obwohl ihn US-Emissäre beknieten, darauf zu verzichten. Ein Staat kommt nicht heraus bei dem Spektakel - aber eine Ohrfeige fürs Weiße Haus.
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