Schwäbische Zeitung: Nervosität hilft nicht weiter - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Es ist die Krise der Schuldzuweisungen - und das seit Jahren. Nur Lösungen, die Bestand haben, lassen auf sich warten. Und es ist die Krise, die alle Handelnden nervös macht. Einen Beleg dafür liefert jetzt US-Präsident Barack Obama mit seiner Pauschalkritik an den Europäern und insbesondere auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das ist ein Alarmzeichen. Denn die akute Finanzkrise, die jenseits des Atlantiks durch den Zusammenbruch der Lehman-Investmentbank entscheidend angestoßen wurde, lässt sich nicht durch einseitige Schuldzuweisungen bewältigen. Die Finanzmärkte, zum Teil völlig außer Kontrolle geraten, weil die vorgesehenen Kontrollen nicht funktionierten, kommen nicht zur Ruhe, wenn sich die Politik nur Schaukämpfe liefert.
Barack Obama ist nervös geworden, weil auch sein Haushalt vor allem durch den hohen Schuldenstand besticht. Nach mehr als zwei Jahren Amtszeit ziehen die Argumente immer weniger, das aktuelle Haushaltsdilemma nur als Erblast der früheren Bush-Administration abzutun, für das der Hoffnungsträger nichts kann. Lange hat Obama zu sehr sein Hauptaugenmerk auf die Außenpolitik gerichtet. Jetzt wird es brenzlig für ihn, und die Europäer sind schuld daran. Eine etwas einfache Sicht der Dinge.
Diese Europäer wiederum gefallen sich darin, zwar viel zu konferieren, viel zu appellieren, und dank der noch vorhandenen wirtschaftlichen Stärke milliardenschwere Rettungsschirme zu schnüren. Im Kern ist das alles richtig, es gibt keine besseren Alternativen. Doch die Botschaft kommt immer weniger bei der normalen Bevölkerung an. Die einen, etwa die Deutschen, fürchten um ihren Reichtum, die anderen, etwa die Griechen, bekommen Zukunftsängste, weil der Staat so massiv sparen muss. Von Aufbruchsstimmung aber, die die ungleichen Partner benötigen, um gemeinsam das Schlimmste zu verhindern, ist nicht mehr viel zu spüren. Die Krise trübt die Zukunftsperspektiven ein, weil das Vertrauen darin verloren gegangen ist, den tiefen Absturz verhindern zu können.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell