Schwäbische Zeitung: Ein Gebot der Menschlichkeit - Kommentar
Leutkirch (ots)
Niemand wird Israels Premier um die Entscheidung beneiden, die er zu treffen hatte. Es ist ja einiges dran an dem Argument, dass der eigentliche Preis für den jetzt unterzeichneten Gefangenendeal wahrscheinlich irgendwann in der Zukunft zu bezahlen sein wird. Dann, wenn einige unter den rund 1000 freizulassenden Palästinensern wieder zu Gewalt und Terror greifen. Es ist ein gefährliches, vielleicht tödliches Risiko, das Benjamin Netanjahu eingeht, um den Soldaten Gilad Schalit aus der Geiselhaft zu bekommen. Aber er hat dafür Rückhalt, nicht nur im Sicherheitsapparat, sondern auch im eigenen Volk.
Über 70 Prozent der Israelis wollen dieses Austauschgeschäft. Koste es, was es wolle. Weil ihr Selbstverständnis und auch das der Armee ihnen gebietet, keinen Soldaten im Stich zu lassen.
Sicher, das Verhältnis eins zu 1027 ist krass. Israel hat noch nie derart viele palästinensische Gefangene für eine Geisel freigelassen. Auch wenn bereits frühere Deals teuer kamen und das Missverhältnis daher rührt, dass mehr als 6000 Palästinenser hinter israelischen Gittern sitzen. Aber im Fall Schalit gab es keine akzeptable Alternative. Eine waghalsige Befreiungsaktion aus dem verminten Versteck hätte seinen Tod bedeutet, ihn dort zu lassen ebenso. Gilad Schalit auszulösen ist ein Gebot der Menschlichkeit. Netanjahu hat diese Größe aufgebracht und - damit überrascht.
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