Schwäbische Zeitung: Die Schweiz muss sich öffnen - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Die Schweizer Volkspartei (SVP) verficht eine Politikmischung aus Konservatismus, Heimattümelei und Rechtspopulismus. Weil ihr dies seit Jahren glückte, ist sie selbst nördlich des Bodensees bekannt geworden - ein seltenes Ereignis für eine eidgenössische Partei. Nach vorn gepeitscht hat sie der schwerreiche Unternehmer Christoph Blocher. Immer schien es aufwärtszugehen. Selbst Kampagnen, die in Deutschland als Volksverhetzung angesehen worden wären, brachten die SVP weiter. 30 Prozent der Wähler schienen ihr bei der Parlamentswahl am Sonntag erreichbar. Dies hätte eine leichte Steigerung bedeutet. Aber nichts war's. Die SVP blieb zwar stärkste Partei, verlor aber Stimmen.
Womöglich hat sie ihren Zenit überschritten. Dies bleibt zu hoffen, denn ihre Rezepte klingen wie aus der Zeit gefallen. Letztlich geht es der SVP um den Rückzug ins Schweizer Reduit, in dem dann fröhliche Eidgenossen ohne lästige Ausländer oder ungeliebte EU-Einflüsse eine Heidi-Idylle pflegen können. Zwar ist es verständlich, dass sich Menschen nach Vertrautem sehnen - vor allem in Zeiten von globalen Umbrüchen. Zukunftsträchtig sind die SVP-Vorstellungen jedoch nicht. Die Festung Schweiz hat ausgedient. Das jüngste Wahlergebnis könnte darauf hindeuten, dass sich diese Erkenntnis selbst in den ländlichen Hochburgen der SVP verbreitet. Auch dort bröckelte ihr Stimmenanteil von Fall zu Fall.
Der jüngste Schock, den die Schweizer erleben mussten, hat beim Wahlergebnis eventuell nachgeholfen. Ihr hoch geschätzter Franken war wegen der Eurokrise so teuer geworden, dass sich das Ausland weder einen Schweizurlaub noch eidgenössische Waren leisten wollte. Den Eidgenossen drohte ein gewaltiger Absturz. Weshalb ihre Zentralbank einen Schritt wagte, der kurz zuvor noch als Landesverrat gegolten hätte. Sie koppelte den Franken quasi an den Euro. Ein deutliches Signal, dass es alleine nicht mehr geht, auch wenn dies manchem Schweizer nach wie vor bitter aufstößt.
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