Schwäbische Zeitung: Zarte Blüte im Kreuther Schnee - Kommentar
Leutkirch (ots)
Gemessen an ihrer einstigen Stärke ist die CSU keine übermächtige Partei mehr. Aber gemessen an den meisten anderen Parteien wird sie erneut zum Musterbeispiel für Geschlossenheit und eindeutige Zielsetzung. Vor allem die FDP, aber auch die CDU, können sich da nach der Klausur von Kreuth eine Scheibe abschneiden.
Erstens: In der Frage der Euro-Schuldenkrise gibt die CSU nun den Ton an im bürgerlichen Lager. Sie hat in Kreuth in klarer Sprache und ohne Hintertürchen festgelegt, dass unbelehrbare Schuldenländer im schlimmsten Fall die Währungsunion zu verlassen haben. Das geht viel weiter als die Drohungen der Kanzlerin und die halblebige Mitgliederbefragung der Liberalen. Und das trifft vor allem die Befindlichkeit der Bürger, die nicht über das Zumutbare hinaus für andere Mitgliedsstaaten bluten wollen.
Zweitens: Mit seinen Ordnungsrufen zur Interessenwahrung der Rentner macht Horst Seehofer klar, dass die Unionsparteien allen Bürgern verpflichtet sein müssen, wenn sie Volksparteien bleiben wollen. Die Grenzen der Umverteilung sind in Deutschland erreicht - auch im Sinne der Kaufkraft breiter Schichten.
Drittens, und nicht minder wichtig: Indem sie ihre Forderung nach einem Betreuungsgeld für Familien bekräftigt, stellt sich die CSU gegen den vermeintlichen Zeitgeist, der bis weit in die Union hinein Familienfrauen und Familienmänner mit Schlagworten wie "Herdprämie" beleidigt und damit auch die viel beschworene Wahlfreiheit zur Farce macht.
Spannend ist, dass solche Positionen der CSU offenbar mitnichten schaden, sondern der gebeutelten Partei wieder Auftrieb geben. Die Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel für Seehofer und die Seinen - aber sie schlagen zumindest wieder so aus, dass die Hoffnung auf eine hauchdünne Mehrheit nicht als blanke Illusion erscheinen muss. Zum Schluss die wichtigste Wahrheit: Zu viel Rücksicht auf großbürgerlich-liberale Befindlichkeiten kann letztlich auch nicht im Interesse der FDP sein. Wenn die Konservativen ihre Stammwähler vergraulen, um die Freidemokraten zu schonen, träfen sich die Beteiligten in der Opposition wieder.
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