Schwäbische Zeitung: Krieg entmenschlicht - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Krieg bedeutet den Zusammenbruch von menschlichen Werten. Krieg stellt den Kollaps von zivilisatorischem Fortschritt dar. Und ganz eindeutig ist: Es gibt keinen sauberen Krieg, wie es Medienstrategen von kriegsführenden Parteien immer wieder suggerieren wollen. Kampfhandlungen sind kein Videospiel, Kampfhandlungen sind gemein, sie sind heimtückisch und verschlagen, sie sind weder edel noch ritterlich. Es gibt nur ein Ziel: Tod dem Feind. Wer dieses Ziel verfolgt, der ist auch auf dem Weg, Grenzen zu überschreiten und die Menschenwürde des Gegners in den Dreck zu ziehen. Ein verharmlosendes Wort für fürchterliche Ergebnisse einer Kriegshandlung lautet "Kollateralschaden". Dahinter verbergen sich in der Regel schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die aber immer wieder schulterzuckend oder mit Krokodils-tränen hingenommen werden.
Massaker oder jetzt die vermuteten Exzesse von US-Soldaten in Afghanistan gehören zum Krieg wie Gewehre und Panzer. Die Liste solcher Auswüchse ist lang und dennoch unvollständig, und der Blick darauf erschüttert den Glauben, es sei nur die Soldateska von faschistoiden, kommunistischen oder irgendwelchen autoritären Staaten, die gezielt oder aus einer profanen Bierlaune heraus Terror verüben würden. Nein, es können auch Soldaten von befreundeten Staaten sein, die wie wir Freiheit und Recht als Fundamente ihres Handels ausgeben. Kriegssituationen sind so extrem, dass das "Tier im Menschen" zum Vorschein kommen kann.
Das alles wissen verantwortungsbewusste Offiziere und Politiker. Deshalb sind Berufssoldaten, die ihr Handwerk gelernt haben, häufig die überzeugtesten Gegner des Krieges. Die Schändungen von Leichen, die Verhöhnung von Opfern sind widerlich und müssen bestraft werden. Nur: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es trotz einer richterlichen Verfolgung auch in Zukunft immer wieder zu solchen unvorstellbaren Gräueln kommen wird. Es bleibt dabei: Krieg entmenschlicht.
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