Schwäbische Zeitung: Not-OP für das System
Leutkirch (ots)
Bislang galt der TÜV Rheinland als sichere Bank: Ob Fahrradhelm oder Brustimplantat, man konnte sicher sein: Wenn ein Produkt das Siegel trägt, ist es in Ordnung. Nun sind selbst die TÜV-Experten Betrügern aufgesessen. Das erklärt, warum Tausenden Frauen vermeintlich hochwertige Implantate eingesetzt wurden, die tatsächlich minderwertiges Industrie-Silikon enthalten. Nun tragen diese Frauen also billige Dichtmasse aus der Baubranche im Körper. Ein Skandal.
Jetzt den TÜV zu schelten, wäre falsch. Vielmehr braucht das System eine Not-OP: Neue Standards müssen her, und zwar für alle Gegenstände, die in unsere Körper gepflanzt werden. Denn der eigentliche Skandal ist, dass für Kunst-Gelenke oder eben Implantate laschere Regeln gelten als für Arzneimittel. Auch die Hersteller-Vorgaben gehören schleunigst überarbeitet.
Manche schieben nun gar den Frauen den Schwarzen Peter zu, frei nach dem Motto: Wer sich freiwillig und nur um der Schönheit Willen unters Messer legt, muss sich nicht wundern, wenn es schiefgeht. Das ist zynisch. Und was ist mit den Frauen, die eine Krebserkrankung durchleiden mussten? Für sie bedeutet ein Wiederaufbau der Brust ein Stück Seelenheil.
Unabhängig von den Gründen gilt: Niemand darf durch krankmachende Billig-Produkte gefährdet werden. Hier lohnt ein Blick ins Grundgesetz: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."
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