Schwäbische Zeitung: Merkels Beharrlichkeit - Kommentar
Leutkirch (ots)
Noch vor einer Woche wurde Angela Merkel in halb Europa ausgebuht. Die Kanzlerin hatte es gewagt, einen Sparkommissar für Griechenland ins Spiel zu bringen. Etliche Athener Zeitungen druckten Schmähschriften. Beim EU-Gipfel in Brüssel schlug der Kanzlerin eisige Kälte entgegen. "Entmündigung!", schrien die Super-Europäer. Merkel blieb nichts übrig, als ihren Vorschlag zurückzuziehen. Doch seit gestern wissen wir: Die kühle Strategin hat nicht aufgegeben, sondern ihre Idee bloß anders verpackt.
Jetzt redet Merkel nicht mehr von Sparkommissaren und Aufsehern, fordert aber ein Sonderkonto für alle griechischen Einnahmen. Darüber könnten Schulden des Landes im Ausland getilgt werden. Extrakonto - das klingt in griechischen Ohren weniger bedrohlich, meint aber doch dasselbe: Die Regierung in Athen soll die Kontrolle über einen Teil des Staatsschatzes verlieren.
Die Deutschen, und viele ihrer nordeuropäischen Verbündeten, misstrauen den Griechen zutiefst. Sie haben die Hoffnung aufgegeben, dass Athen die Schuldenkrise aus eigener Kraft bewältigen kann. Zu tief hat sich die Korruption ins griechische Staatswesen gefressen, zu pflichtvergessen sind die Parteien, zu egoistisch die meisten Bürger.
Das Sonderkonto kann allerdings nur unter zwei Bedingungen funktionieren: Wenn Griechenland nicht gleichzeitig unbegrenzt Kredit bekommt - und wenn überhaupt Geld auf dieses Extrakonto fließt. Das ist keine Selbstverständlichkeit in einem Land, das bisher ohne Katasteramt und entschlossene Steuerfahnder auskam.
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