Schwäbische Zeitung: Was Duisburg uns lehrt - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Welche Lehre lässt sich ziehen aus dem unwürdigen Schauspiel, das Duisburgs Stadtoberhaupt Adolf Sauerland am Rathaussessel klebend abgegeben hat? Kann dessen Abwahl am Niederrhein den Menschen hierzulande nicht egal sein? Bleibt es nicht - trotz 21 Toten und 500 Verletzten bei der Loveparade - ein lokales Drama um einen Mann, dem das Format fehlt, eine Halb-Millionenstadt zu leiten?
Nein. Denn auch im Süden gibt es Bürgermeister, die nicht mehr in ihren Sesseln sitzen sollten. Dank Süddeutscher Ratsverfassung ist der direkt gewählte Schultes hierzulande starker Widerpart oder Partner des Rats. Das ist gut so und wurde deshalb von vielen anderen Bundesländern übernommen. Und es funktioniert fast immer - manchmal aber auch nicht. Und wenn es nicht klappt, fehlt in zwei von 16 Bundesländern - namentlich in Baden-Württemberg und Bayern - selbst die theoretische Möglichkeit, den Schultes loszuwerden. Die Folgen: Über Jahre blockieren und sabotieren sich Rat und Bürgermeister, statt sich um die Gemeinde zu kümmern. Arbeit bleibt liegen, Politik wird zur Zumutung - wie etwa die Dauerposse im badischen Rickenbach belegt, über die wir leider oft berichten müssen.
Nordrhein-Westfalen benötigte eine eigene "Lex Sauerland", damit die Bürger ihren Bürgermeister aus dem Amt jagen konnten. Ähnliches ist auch im Süden nötig. Denn ein starker Bürgermeister braucht ein Korrektiv. Eine Abwahl sollte hohe Hürden nehmen müssen, damit sie nicht zum beliebigen Druckmittel unzufriedener Gemeinderäte wird. In Ostdeutschland haben zu einfache Abwahlmöglichkeiten zum wahren "Bürgermeisterkegeln" geführt - mit allen schlimmen Folgen für Stadtsäckel und politische Kontinuität.
Ein Gesetz mit Augenmaß würde hingegen wirken. Selbst dann, wenn es nicht angewendet wird. Denn allein die beständige Mahnung, dass die Abwahl möglich ist, bringt Demut vor dem Willen des Volkes. Eine Demut, die Sauerland verloren hat. Dies ist exakt die Lehre, die wir im Süden aus Duisburg ziehen sollten.
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