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Schwäbische Zeitung: Nagelprobe steht noch aus - Kommentar

Leutkirch (ots)

Bundespräsident Gauck zeigt nun genau die Standhaftigkeit, die von den meisten Deutschen im Zusammenhang mit seiner Wahl zum Staatsoberhaupt erhofft, ja erwartet wurde: Er lehnt einen Besuch der Ukraine ab, die autoritär im Stile der Sowjetunion regiert wird. Damit hat Gauck im Jahr der Fußball-EM in der Ukraine und Polen auch eine Debatte über den Sport und seine Möglichkeiten ausgelöst. Borussia Dortmund-Chef Watzke etwa will im Juni keine ukrainische Ehrentribüne betreten, solange die frühere Regierungschefin Timoschenko offenbar in der Haft misshandelt wird. Ein ehrenwertes Vorhaben, dennoch bleibt unklar: Was kann, was darf der Sport? Können Großveranstaltungen nur noch in demokratischen Staaten ablaufen - oder haben Fußball, Eishockey oder die Formel 1 nicht schon längst ihre Unschuld verloren? Die Fragen überwiegen derzeit, nach Antworten wird noch gesucht, es herrscht Symbolpolitik vor. Boykottaufrufe sind fast so alt wie die sportlichen Großereignisse selbst. Geholfen haben sie nie.

Die Ukraine: Wirtschaftlich ist das osteuropäische Land kein wirklich relevanter Partner, politisch ohnehin nicht. Da fällt die Erregung über Menschenrechtsverletzungen leicht. Im Falle von Bahrain war das kürzlich anders. Dort sitzen einflussreiche Geldgeber, nicht nur des Autorennsports, sondern auch der deutschen Industrie. Wirkliche Empörung war da nicht zu spüren. Darf also die Wirtschaft alles, der Sport nichts? Niemand hinterfragt die Aktivitäten von Firmen in diesen Ländern. Gauck setzt jetzt ein Zeichen, und der nationale wie internationale Politikbetrieb reagiert, wie zu erwarten war. Die EU-Außenbeauftragte Ashton findet zustimmende Worte genauso wie Außenminister Westerwelle. Doch Gauck ist zuzutrauen, dass er bei geeigneter Gelegenheit ebenso klare Worte an China und Russland richten wird. Dann wird es spannend, wie Ashton oder Westerwelle reagieren werden. Denn hier überwiegen die sogenannten politischen Zwänge, die in Wirklichkeit wirtschaftliche Interessen sind.

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