Schwäbische Zeitung: Deutschland braucht die Nato - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Beim Nato-Gipfel war viel Kritik an den Deutschen zu hören: Sie sollten sich mehr engagieren im Bündnis, mehr Geld und Personal geben, sich so ins Zeug legen, wie sie es bei der Rettung des Euro täten. Da konnte der Eindruck entstehen, dass Berlin eigentlich nur noch pro forma in dem Bündnis sei, das doch maßgeblich die Integration der alten Bundesrepublik in die westliche Welt ermöglicht hat. Deutschland ist an aufwendigen und riskanten Missionen beteiligt, wie dem Einsatz bei der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan. Deutschland gibt viel Geld für die Nato und ihre Einsätze aus.
Das Problem scheint, dass die deutsche Politik dieses Engagement nicht immer überzeugend an die Partner verkauft. Und es wird der deutschen Öffentlichkeit zu selten erklärt, warum eine engagierte Mitgliedschaft im transatlantischen Bündnis mindestens so wichtig ist, wie der Einsatz für die EU. Seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall der ideologischen Differenzen zwischen Ost und West haben viele Deutsche den Eindruck gewonnen, es gebe keine Bedrohung mehr. Die Russen sind jetzt unsere Geschäftspartner und auf die schießt man ja nicht.
Die Gefahren sind für unser Land heute andere als zu Zeiten der Berliner Mauer: Spionage, Kriegführung im Internet, Terrorismus. Diese Bedrohungen kann man nur gemeinsam bekämpfen, durch koordinierte Aufklärung, durch gemeinsame Abwehr, aber auch durch den Versuch, die Abschreckung durch immer weniger Waffen zu erreichen. Man brauche, hat Verteidigungsminister de Maizière in Chicago gesagt, weniger Panzer, aber mehr Aufklärung. Dass es dazu für Deutschland die Nato braucht, steht für die deutschen Regierungsmitglieder am Nato-Gipfel außer Frage. Die große Aufgabe wird aber sein, der deutschen Öffentlichkeit zu erklären, dass der Abzug aus Afghanistan keinesfalls das Ende des Engagements in der Nato bedeutet, mit viel Geld und vielen Soldaten. Auch und vor allem, weil die Nato unsere Sicherheit garantiert.
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