Schwäbische Zeitung: Annan wird überschätzt - Kommentar
Leutkirch (ots)
Kofi Annan hat aufgegeben. Seit Monaten ist der 74-Jährige im Auftrag der UN als Sondergesandter für Syrien unterwegs. Er sprach noch von Frieden, als außer ihm wirklich niemand mehr daran glaubte, dass Präsident Baschar al-Assad zu einem Waffenstillstand bereit sein könnte. Annans Abschied setzt einen traurigen Schlusspunkt unter die Laufbahn des Ghanaers. Zwar wird der frühere UN-Generalsekretär von allen Seiten geschätzt. Aber leider wird er eben auch überschätzt oder gar verklärt. Bereits Mitte der 90er-Jahre hat er als Verantwortlicher für die Blauhelmeinsätze der UN die Warnungen vor einem Völkermord in Ruanda ignoriert. Bis heute wird Annan in dem zentralafrikanischen Land eine Mitschuld am Versagen der Weltgemeinschaft zugewiesen. Als UN-Generalsekretär hat er viele, vor allem in Afrika, enttäuscht. Lange galt er als jemand, den die Ziele Washingtons mehr interessierten als jene der Weltgemeinschaft. Nun ist der distinguierte Diplomat in Syrien gescheitert. Wenn Annan in seiner Abschiedsrede indirekt die Russen und die Chinesen beschimpft, weil die im Weltsicherheitsrat das syrische Regime schützten, ist das ungewöhnlich emotional. Es lenkt aber auch ab vom persönlichen Scheitern eines überschätzten Wohlmeinenden.
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