Schwäbische Zeitung: Aigners wichtiger Weckruf - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Das Veto von Ilse Aigner gegen die Pläne von Wirtschafts- und Umweltministerium ist ein richtiger Weckruf: Dass deutsche Stromverbraucher bis zu 35 Milliarden Euro im Jahr berappen sollen, falls die Netzbetreiber damit scheitern, die Windräder auf dem Meer ans Stromnetz anzuschließen, ist eine Horrorvision, die nicht Wirklichkeit werden darf. Die Energiewende wird die Stromkunden so oder so noch genug kosten: Sie werden die Zeche zahlen, wenn Kohle- und Gaskraftwerke gebaut werden müssen, die aber nur laufen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Und sie werden ebenfalls zur Kasse gebeten, wenn die Sonne scheint und der Wind weht und die dort produzierte Energie abgenommen werden muss oder wenn man Stromspeicher braucht, damit weniger Kraftwerke gebaut werden müssen. Beim Anschluss der Windparks auf hoher See sieht es anders aus: Es sind meist Privatfirmen, die sich angesichts der Vision vom Strom aus dem Meer in einem - wie es die Allianzversicherung korrekt bezeichnet - "Hochrisikoinvestment" verkalkuliert und die Probleme unterschätzt haben. Für dieses Marktrisiko sollten weder Steuerzahler noch Stromverbraucher büßen. Es gehört dazu, dass sich Unternehmen verkalkulieren - dafür fahren sie ja auch Gewinne ein, wenn sich Investitionen auszahlen. Natürlich ist es eine traurige Erkenntnis für die norddeutschen Bundesländer, dass der Weg zum Windstromexporteur für den industrialisierten Süden steinig ist. Und es ist auch bitter für Konzerne, wenn sie Milliarden in Nord- und Ostsee versenken. Die Bundesregierung hat die Energiewende angestoßen. Nun ist sie in der Pflicht, den Fortgang nicht zu verschlafen. Umweltminister Altmaier muss konkurrierende Ministerien und Bundesländer unter einen Hut bekommen, damit Strom künftig verlässlich und bezahlbar fließt. Dazu braucht es endlich ein schlüssiges nationales Stromkonzept, das sich an den Potenzialen und am Bedarf orientiert, statt Fördermittel per Gießkanne zu verteilen.
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