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Schwäbische Zeitung: Schwarz-gelbe Wahlgeschenke - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Plötzlich läuft, was lange nicht lief. Jeder Koalitionär hat in etwa das bekommen, was er wollte, vor allem die FDP die Abschaffung der Praxisgebühr und die CSU das Betreuungsgeld. Nur, dass über all dem auch noch das hehre Ziel der Haushaltskonsolidierung stehen soll, das sollte die Regierung gar nicht erst versuchen, weiszumachen.

Diese Koalitionsvereinbarung macht teure Wahlkampfgeschenke. Die Abschaffung der Praxisgebühr ergibt noch Sinn, denn die Kassen der Krankenkassen sind gut gefüllt und die Gebühr hat keine Signalwirkung entfaltet. Doch der Griff in den Gesundheitsfonds, aus dem die Koalition zwei Milliarden abzwacken will, um weniger neue Schulden zu machen, ist schon unsinnig. Jeder weiß, dass das Alter der Versicherten und die Kosten der Gesundheit steigen. Wer da sparen will, hat es schwer. Ein Armutszeugnis ist auch die sogenannte "Lebensleistungsrente", die gerade einmal 10 bis 15 Euro über der Grundsicherung liegen soll. Und dass Frauen mit vor 1992 geborenen Kindern weiterhin auf die Anrechnung ihrer Erziehungszeiten warten, aber nicht wirklich hoffen können, ist auch ein Skandal. Dafür aber ist Geld für das Betreuungsgeld da, das die Koalition selbst ad absurdum führt. Denn jetzt wird noch etwas draufgelegt, wenn jemand nicht das Bargeld nimmt, sondern Geld in die Bildung seiner Kinder oder die eigene Rente investiert.

Seit 40 Jahren ist es keinem deutschen Finanzminister mehr gelungen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Kein Wunder, dass schon jetzt nur noch ein Haushalt ohne "strukturelles Defizit" versprochen wird. Das ist in etwa so, als sage ein Privatmann, eigentlich habe er keine Schulden, wenn er nicht letzten Monat ein Auto gekauft hätte. Da er das nicht jeden Monat tue, habe er auch kein strukturelles Defizit.

Die Koalition hat mit dieser Vereinbarung keine Vorsorge getroffen für ein schlechteres Konjunkturklima, das sich bereits abzeichnet. Wie CDU und FDP es schaffen wollen, mehr Geld auszugeben und gleichzeitig weniger Schulden zu machen, bleibt ihr Geheimnis.

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