Schwäbische Zeitung: Weit weg von allem - Kommentar
Leutkirch (ots)
Am Hochrhein lässt sich mit dem Stichwort Fluglärm jederzeit problemlos eine hitzige Diskussion anstoßen. Besonders die Bewohner des badischen Klettgaus sind dann am Rande der persönlichen Explosion. Seit Jahren wird ihnen die Schönheit ihrer Heimat durch den wachsenden Züricher Flugverkehr verleidet. Aber vielleicht wird doch noch alles gut? Heute dürfen Vertreter vom Hochrhein und politische Köpfe aus Stuttgart bei Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in Berlin vorsprechen. Das Thema: Ist der deutsch-schweizerische Staatsvertrag zum Fluglärm vernünftig? Nein, heißt es vom Hochrhein. Und dies zu Recht. Den Eidgenossen ist es nämlich gelungen, Pferdefüße im Kleingedruckten zu verstecken. Peinlich für die deutschen Unterhändler mit Ramsauer an der Spitze.
Schlimmstenfalls könnte künftig die Fluglärm-Belastung im Klettgau sogar zunehmen. Ramsauer verteidigt den Vertrag aber vehement. Sein Argument: Es gebe jetzt mehr Stunden, in denen nicht geflogen werden dürfe. Die Schweizer weisen jedoch süffisant daraufhin, dass in der verbleibenden Zeit bedeutend mehr Jets unterwegs sein dürfen als bisher. Ramsauer scheint dies aber kalt zu lassen. Vielleicht ist dem aus Südost-Bayern stammenden christsozialen Bundespolitiker der schmale, wirtschaftlich unbedeutende Grenzstreifen westlich des Bodensees auch einfach egal: zu weit weg von allem, vom weiß-blauen Freistaat - und von Berlin sowieso.
Immerhin hatte es selbst in Stuttgart Wochen gedauert, bis die dortige Landesführung den zweifelhaften Fluglärm-Vertrag genauer studierte. Zuerst hatte ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann sogar hoch gelobt. Der Frieden am Hochrhein sei gesichert. Inzwischen hat sich der Grüne um 180 Grad gedreht. Am liebsten würde er nun den Vertrag im Altpapier verschwinden sehen. Immerhin ist eine späte Erkenntnis besser als gar keine. Dennoch drängt sich einem bei dieser Affäre der Eindruck auf: Wer am Rand des Landes lebt, hat es mit den Mächtigen im Zentrum nicht immer leicht.
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