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Schwäbische Zeitung: Zypern pokert zu hoch - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Die Krise in Zypern ist längst weit mehr als das Finanzdesaster eines Zwergstaates. Die kleine Inselrepublik ist für die ganze Europäische Union zu einem großen politischen Problem geworden: Mit den Trümpfen umstrittener Gasreserven, milliardenschwerer Oligarchenkonten und einer geostrategisch hochinteressanten Lage pokert Zypern derzeit mit Russland und der Eurogruppe - und versucht, beide gegeneinander auszuspielen.

Es ist eine gefährliche Partie mit zu hohem Einsatz: Es geht längst nicht nur darum, dass 55 Abgeordnete den Aufstand proben und das Volk sie feiert, indem es antideutsche Ressentiments bedient.

Auf dem Spiel steht - mal wieder - nicht weniger als die Zukunft der Eurozone. Die Geduld der EU mit dauernden Nachverhandlungen dürfte nach dem unendlichen Griechendrama zu Ende gehen - und sollte der Staatenbund mit seinen mehr als 500Millionen Einwohnern vor nicht einmal 900000 Zyprern einknicken, dürfte die Glaubwürdigkeit europäischer Krisenpolitik endgültig Geschichte sein. Erneut rächt sich, dass es immer noch keine wirklich mächtige Bankenaufsicht gibt, die ein nationales Bankensystem notfalls übernehmen kann.

Eine Flucht in die vermeintlich starken Arme von Wladimir Putin hingegen würde Zypern zum russischen Vasallen machen. Schon jetzt zeigt sich, dass finanzstarke Retter notleidender EU-Staaten nicht uneigennützig die Geldbörse öffnen, sondern Einfluss wollen: China hat in Griechenland wichtige Häfen unter Kontrolle gebracht, in Portugal kaufen Schnäppchenjäger aus der früheren Kolonie Angola Immobilien und Unternehmen auf.

Die krisengeschüttelte EU verliert im globalen Vergleich zwar an Bedeutung. Sie sollte sich aber nicht von Zypern auf der Nase tanzen lassen. Denn trotz der Dauerkrise Europas gibt es im Osten Zeichen, dass eine auf gemeinsame Werte bauende Politik Zukunft hat: Polens Außenminister Radoslaw Sikorski hat gestern im Parlament sein Land aufgefordert, den Euro einzuführen. Grund: Man wolle zum Kern Europas gehören.

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