Schwäbische Zeitung: Die Quadratur der Ringe - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Das Bonmot wird Walther Tröger zugeschrieben, dem Altmeister deutscher Sportpolitik: "Auf hoher See und im IOC", soll der einmal gesagt haben, "ist alles möglich." Die Wahl Tokios zum Schauplatz der Spiele 2020, Fukushima zum Trotz, mag jüngster Beleg sein; die Kür Thomas Bachs zum neunten Präsidenten des olympischen Führungszirkels hingegen überraschte nicht wirklich: Seit 1991 schon ist der Tauberbischofsheimer im Internationalen Olympischen Komitee, elf Jahre ist er IOC-Vizepräsident.
Zeit genug, Strippen zu ziehen. Zeit genug auch, mit Inhalten zu überzeugen. Auch das hat Thomas Bach getan - selbst wenn das diejenigen gerne übersehen, die ihm (s)eine Karriereplanung am Reißbrett zum Vorwurf machen. Helmut Digel, Council-Mitglied des Leichtathletik-Weltverbandes, sah sich folglich zu einer Art Ehrenerklärung genötigt: Als Vorsitzender der IOC-Disziplinarkommission habe Thomas Bach den Anti-Doping-Kampf wesentlich mitgeprägt. Schönen Gruß an all die, die jüngst manch eher vage Aussage in Sachen "Dopingstudie Westdeutschland" geißelten!
Thomas Bach also war sehr wohl wählbar, doch das macht die Aufgaben der kommenden acht Jahre für ihn nicht einfacher. Die Programmreform speziell der Sommerspiele zum Beispiel hat etwas von der Quadratur des Kreises: Das jüngste Ringen ums Ringen wirkte mitunter absurd; an der Maßgabe, Tradition mit Modernem in Einklang zu bringen, die Vielfalt zu wahren und dabei die Zahl der Athleten begrenzt zu halten, ist zumindest Bach-Vorgänger Jacques Rogge gescheitert. Messen lassen muss sich der IOC-Präsident Bach sicher auch daran, wie er es mit den Mächtigen hält. Nicht die Trennung von Amt und (Anwalts-)Beruf dürfte ihm zum Problem werden, sondern die Frage, ob Olympia PR sein muss für all die Hu Jintaos, die Putins. Und: Der frühere Fechter Bach weiß durchaus, dass die Sportler Maß allen Sportfunktionärsseins sein müssten. Letztlich ist das IOC für sie da. Ob er das dem IOC richtungsweisend nahebringen kann? Nochmals sei Walther Tröger bemüht: "Man muss von ihm nicht verlangen, dass er den Himmel aus den Angeln hebt."
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