Schwäbische Zeitung: Kommentar - Die Qualen der Grünen
Ravensburg (ots)
Unter den etablierten Parteien in Deutschland gibt es wohl keine, die so heterogen wirkt wie die Grünen. Von Bundesland zu Bundesland, von den Städten in die Regionen, scheint man jeweils sehr verschiedene Dinge unter grüner Politik zu verstehen. Während in Baden-Württemberg der biedere aber effiziente Pragmatismus eines Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wirkt, gibt es in Berlin immer noch Grünen-Vertreter, die von der Weltrevolution träumen.
Diesen Widerspruch auszuhalten, wird die Aufgabe einer neuen, undogmatischen Führung der grünen Partei sein. Jürgen Trittin, der sich zum Vorkämpfer einer Politik gemacht hat, die an seine alten kommunistischen Kader-Zeiten erinnert, bekommt jetzt die Quittung für eine Strategie, die in erster Linie seinen egoistischen Erfolgsabsichten diente, nicht aber einer Einigung der unterschiedlichen Strömungen in der Partei.
Mehr oder weniger offen haben grüne Granden in den letzten Wochen die Verjüngung der Partei gefordert. Es braucht neue Gesichter in dieser Partei, die wie keine zweite im Nachkriegsdeutschland die politische Landschaft und die sie dominierenden Themen verändert hat.
Der Widerspruch und die unterschiedlichen Ziele einer grünen Partei im akademischen Milieu von Großstädten einerseits oder in einer wirtschaftlich gesunden Region wie etwa Oberschwaben andererseits werden immer bleiben.
Nur dürfen sie nicht mit Gewalt nivelliert werden, wie Trittin das versucht hat. Die Abstrafung der Partei bei der Bundestagswahl kann als Bestätigung des behutsamen Kurses von Winfried Kretschmann interpretiert werden. Jetzt brauchen die Grünen viele junge Kretschmänner, um zu der Bedeutung zurückzufinden, die sie noch vor wenigen Jahren hatten.
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