Alle Storys
Folgen
Keine Story von Schwäbische Zeitung mehr verpassen.

Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Der Sultan in Berlin - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Es läuft nicht gut für Recep Tayyip Erdogan: Daheim, in der Türkei, wird demonstriert, was das Zeug hält, für Reformen, gegen korrupte Politiker. Erdogans gemäßigt islamistische Partei AKP zerlegt sich gerade selbst. Obendrein sind offenbar nicht nur Parteifreunde, sondern auch die Kinder des türkischen Ministerpräsidenten in einen sehr unappetitlichen Korruptionsskandal verwickelt. Da kommt eine Reise nach Deutschland zur Ablenkung gerade recht. Dass der Mann aus Ankara dabei vor Landsleuten im Berliner Tempodrom noch Propaganda für sich machen kann, gehört zu den kuriosen Begleiterscheinungen dieses Besuchs.

In Berlin will Erdogan vor allem den Wählern daheim zeigen - am 30. März sind Kommunalwahlen in der Türkei - , dass man ihm in Europa zuhört, sein Wort Gewicht hat und er die Integration des Landes nach Europa vorantreibt.

Dabei hat der türkische Ministerpräsident gerade im vergangenen Jahr der Welt eindrücklich dokumentiert, dass sein Land nach derzeitigem Stand sicher nicht in die EU gehört. Der ehemalige Reformer gebärdet sich wie ein absoluter Herrscher: Er hat ein Klima der Unfreiheit geschaffen, hat Debatten unterdrückt und obendrein nichts unversucht gelassen, um die türkische Justiz gefügig zu machen. Erdogan tritt stets fordernd und drohend auf. Vergangene Woche tat er sich mit antisemitischen Kommentaren über Zeitungsverleger hervor, er hat dem amerikanischen Botschafter mit der Ausweisung gedroht und sieht sich permanent von Verschwörern umstellt.

Dieser Lenker, der mal ein Reformer war, betrachtet sich in maßloser Selbstüberschätzung als moderne Version von Staatsgründer Atatürk. Leider findet er nicht den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören. Das ist schade für ein sympathisches Land mit einem beeindruckenden Wirtschaftswachstum und einer zumindest in Istanbul lebendigen Zivilgesellschaft. Heute aber steht Erdogan all jenen im Weg, die ihr Land weiter modernisieren und demokratischer machen wollen.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
  • 03.02.2014 – 21:03

    Schwäbische Zeitung: Eine sehr gute Wahl - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Nein, es ist nicht der bedeutendste Diplomatenposten, den die Bundesregierung zu vergeben hat. Und in der Vergangenheit wurden bisweilen ältere Herren als Botschafter zum Heiligen Stuhl geschickt, die man einerseits mit einem netten Altersposten versorgen wollte, die andererseits daheim aus diesen oder jenen Gründen ins Zwielicht geraten waren. Auf den ersten Blick - und wenn man es maliziös sehen ...

  • 03.02.2014 – 21:00

    Schwäbische Zeitung: Die Hybris der Alice Schwarzer - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - Zunächst einmal liegt Alice Schwarzer richtig. Die Bundesrepublik bietet Steuerhinterziehern die Möglichkeit, ihre Steuerflucht mit einer Selbstanzeige in Ordnung zu bringen. Offensichtlich hat Schwarzer dabei im Gegensatz zu Uli Hoeneß keine Fehler begangen. Der Fiskus hat sich mit der prominenten Deutschen geeinigt. Ihr droht keine Haft, sie musste lediglich Steuern und Säumniszinsen nachzahlen. ...

  • 02.02.2014 – 21:59

    Schwäbische Zeitung: Der Riss ist sichtbar - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - Natürlich sind die Ängste vieler Eltern krude und undifferenziert: Auch künftig werden die Kleinen in Baden-Württembergs Kindergärten nicht zur Homosexualität erzogen und in Grundschulen nicht zwangssexualisiert. Viele Bedenken sind sachlich nicht begründbar: Denn noch geht es nur um ein unausgegorenes Arbeitspapier zu einem noch auszuarbeitenden Bildungsplan, an dem noch Hunderte Menschen ...