Schwäbische Zeitung: Kommentar zur Kommunalwahl in Bayern: Phänomen der Unlust
Ravensburg (ots)
Bei den bayerischen Kommunalwahlen ist die Beteiligung erneut beschämend gering. Offenbar nehmen die Menschen ihr Bürgerrecht auf politische Teilhabe zunehmend nur zögerlich wahr. Die wachsende Zahl der Briefwähler widerspricht solchem Trend nicht, sie bestätigt ihn. Die traditionelle Einheit aus Kirchgang und Urnengang scheint dahin, auch im Süden, sogar in Bayern. Und ausgerechnet auf dem Feld der Kommunalpolitik, die den Wählern näher sein sollte als jede andere Ebene der Demokratie.
Das Phänomen der Unlust trifft nicht nur, aber gerade auch die CSU. Zumal in den Großstädten, siehe München, wenngleich nicht nur dort. Die nicht selten peinlichen Avancen an den Zeitgeist verfangen nicht. Selbst das vermeintlich moderne, urbane Publikum hält davon offenbar nur wenig. Im Gegenteil, die von der Mehrheitspartei zur Schau gestellte Beliebigkeit beeindruckt wohl ausgerechnet jene Wähler nicht, auf die sie zielt - und kostet Stimmen in der eher konservativen Provinz, die auch im Freistaat längst kein schwarzer Monolith mehr ist.
Ebenfalls klar zu erkennen: Kommunalwahlen verkommen zum Durchsetzungsinstrument für die Interessen von Minderheiten, dienen immer weniger dazu, Leitplanken für eine auf das allgemeine Wohl ausgerichtete Politik zu setzen. Das ist vermutlich auch eine Antwort auf das verhängnisvolle Gebaren der meisten Parteien, am liebsten sehr lautstarken Stimmen Gehör zu schenken. Aber Gefälligkeitsdemokratie kann nicht die Antwort sein, wenn die Meinungen von Regierenden und Regierten gerade im Kommunalen allzu oft weit voneinander liegen - und das Bemühen um Konsens und Kompromisse zwischen den Wahlen nicht sehr erfolgreich war.
Was als Lehre bleibt: Offensichtlich stiften mittlerweile die Farben mancher Fußballvereine mehr Identität als Landesfarben und Partei-Logos. Am Wetter konnte das zumindest diesmal in Bayern nicht liegen. Nasskalt gilt als beste Voraussetzung dafür, dass den Leuten Wahlen wichtiger sind als Frühlingsausflüge. Welch entlarvende Logik!
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