Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Aschermittwoch - Überraschender Aschermittwoch
Ravensburg (ots)
Die CSU bläst in Bayern zur Attacke, die CDU bietet in Baden-Württemberg einen Hauch weniger Spektakel: ein typischer Aschermittwoch, könnte man glauben. Doch weit gefehlt. Schließlich erntet ein SPD-Kanzlerkandidat Jubel wie ein Popstar - und das im Land Horst Seehofers (CSU). Der war an einem Aschermittwoch zuletzt konkurrenzlos in Sachen Selbstbewusstsein, Emotionalität und Zuspruch aus den eigenen Reihen.
Die CDU, die nach Fellbach zum "größten politischen Stammtisch Baden-Württembergs" geladen hatte, wirkt dagegen, als wisse sie nicht mehr, wie Wahlkampf geht. Ein paar müde Attacken auf Schulz, ein paar alte Parolen gegen unbegrenzte Einwanderung und für die innere Sicherheit. Dazu viel Lob für die eigene Regierungsarbeit - fast wortgleich vorgetragen wie die CSU im bayerischen Passau. Wenn das alles ist, kann man lange warten, dass der Schulz-Hype endet.
Und die Grünen? Sie sitzen am Aschermittwoch in der Falle ihres eigenen Erfolges. Sie stellen in Winfried Kretschmann weiter ihren ersten und einzigen Ministerpräsidenten. Der gibt sich zum Teil aus Rücksicht auf den schwarzen Koalitionspartner und zum Teil aus eigener Überzeugung als innenpolitischer Hardliner. Das stößt auf Protest in der eigenen Partei. Deshalb haben die Grünen ihren Aschermittwochs-Konflikt nicht mit der politischen Konkurrenz, sondern mit sich selbst. Es verfestigt sich außerdem der Eindruck, dass die übrigen Parteien einstige grüne Kernthemen übernommen haben - und die Grünen nicht mehr wissen, womit sie punkten können.
Emotionale Attacken von der SPD mit inhaltlichen Unschärfen, ein "Weiter so" mit leichten Korrekturen von der CDU, ein bisschen Grün von den Grünen: Keine dieser Strategien wirkt besonders überzeugend. Die Welt ist längst nicht mehr so, als dass sie mit einfachen Parolen aus den politischen Lagern zu erklären wäre. Wie Wahlkampf in Zeiten globaler Unsicherheit und rasch wechselnder Stimmungen funktioniert, darauf hat noch keine Partei eine Antwort.
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