Alle Storys
Folgen
Keine Story von Hamburgische Notarkammer mehr verpassen.

Hamburgische Notarkammer

Patientenverfügung: Die eigenen Wünsche verbindlich festhalten

München (ots)

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung präzisiert. Die Entscheidung stärkt die Patientenautonomie und formuliert konkrete Voraussetzungen für die Verbindlichkeit des Patientenwillens.

Nachdem der BGH erst im letzten Jahr eine wichtige Entscheidung zu den Themen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gefällt hat (siehe Pressemitteilung des Informationsdienstes Notar und Recht vom 23. August 2016), ist nun erneut eine höchstrichterliche Entscheidung zu Wirksamkeit und Auslegung von Patientenverfügungen ergangen. "Dies verdeutlicht die Wichtigkeit und Aktualität des Themas in einer alternden Gesellschaft bei zunehmendem medizinischen Fortschritt", so Dr. Florian Meininghaus, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern.

Hat der Betroffene in einer wirksamen Patientenverfügung für den Fall seiner späteren Einwilligungsunfähigkeit festgehalten, dass er in gewisse ärztliche Behandlungen einwilligt bzw. sie untersagt, so ist dieser Wille zu respektieren. Damit eine Patientenverfügung wirksam ist, muss sie jedoch ausreichend bestimmt formuliert sein. Das erfordert eine konkrete Äußerung des Betroffenen, welche spezifischen ärztlichen Maßnahmen - z.B. eine künstliche Ernährung durch eine Magensonde - er wünscht oder ablehnt. Darüber hinaus, so hat der BGH nun konkretisiert, muss die Patientenverfügung eine konkrete Beschreibung der Behandlungssituationen enthalten, in denen sie gelten soll. Nach Ansicht des Gerichts muss sich also feststellen lassen, in welcher Situation welche ärztlichen Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen.

Allgemeine Anweisungen wie der Wunsch, ein "würdevolles Sterben" zuzulassen, sind vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht ausreichend. Andererseits dürfen nach der neuen BGH-Entscheidung die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung auch nicht überspannt werden: "Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt." Im Zweifelsfall ist die Patientenverfügung daher unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles auszulegen. Dadurch kann zwar auch eine uneindeutig formulierte Patientenverfügung Wirkung entfalten, gleichwohl besteht die Gefahr von Streitigkeiten über den Willen des Patienten.

Lässt sich auch durch Auslegung keine hinreichend bestimmte Willensäußerung ermitteln und ist die Patientenverfügung deshalb nicht verbindlich, ermitteln die Gerichte den mutmaßlichen Willen des Patienten. Dabei sind neben früheren Äußerungen des Betroffenen dessen ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen unter die Lupe zu nehmen. Dies birgt umso mehr Potential für Konflikte zwischen den Angehörigen - Konflikte, die niemandem nützen, am wenigsten dem betroffenen Patienten.

Im konkret entschiedenen Fall war ein Streit zwischen dem Ehemann und dem Sohn einer wachkomatösen Patientin entbrannt, ob eine Fortsetzung der künstlichen Ernährung dem Willen der Patientin entspreche. Aus der Patientenverfügung ergab sich einerseits, dass in bestimmten Behandlungssituationen nicht näher beschriebene "lebensverlängernde Maßnahmen" unterbleiben sollten, andererseits, dass die Patientin "aktive Sterbehilfe" ablehne. "Dieser Streit wäre vermieden worden, wenn die Patientenverfügung erst gar keinen Zweifel über den Willen der Patientin hätte aufkommen lassen", erläutert Dr. Meininghaus. "Eine professionelle Beratung durch einen Notar bietet insoweit Gewähr für die Wirksamkeit und eindeutige Formulierung der Patientenverfügung."

Pressekontakt:

Herr Claudius Eschwey
Referat für Öffentlichkeitsarbeit der Landesnotarkammer Bayern
Ottostraße 10/III
80333 München
Telefon: +49 89 55166-0
Telefax: +49 89 55166-234

Original-Content von: Hamburgische Notarkammer, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Hamburgische Notarkammer
Weitere Storys: Hamburgische Notarkammer
  • 04.04.2017 – 10:13

    Wenn der Kredit platzt: Mehr Schutz für überforderte Ehepartner

    Köln (ots) - Es ist gängige Praxis: Eine Bank verlangt als Bedingung für ein Darlehen, dass der Ehepartner ebenfalls unterschreibt und haftet. Heikel wird es, wenn das Darlehen platzt und sich der bürgende Partner als mittellos erweist. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich die überforderte Frau eines Kreditnehmers in Schutz genommen - die Bank habe sittenwidrig ...

  • 30.01.2017 – 15:17

    Rechte Dritter an einem Grundstück

    Hamburg (ots) - Der Erwerb eines Grundstücks macht den Käufer zwar zum Eigentümer, sichert ihm aber nicht automatisch alle Rechte daran. Nicht selten sind im Grundbuch sogenannte Grunddienstbarkeiten eingetragen, die den Eigentümern benachbarter Grundstücke zum Beispiel ein Wegerecht über das erworbene eigene Grundstück geben. Aber auch umgekehrt kann es notwendig werden, eine solche Grunddienstbarkeit für das ...

  • 27.12.2016 – 10:03

    Das Berliner Testament - Vorsicht vor der Bindungsfalle

    Stuttgart (ots) - Wenn Ehepaare eigenhändig ein Testament errichten, ist das sogenannte Berliner Testament ein echter Klassiker: Die Ehegatten setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein und ihre Kinder als Erben des Längstlebenden. Weitere Regelungen enthalten diese Testamente häufig nicht. Doch es ist Vorsicht geboten: Wenn nach dem Tod eines Ehegatten der überlebende Ehegatte ein neues Testament errichtet und ...